Seit mehreren Jahren führt JUVE Steuermarkt die JUVE Steuerexpertenumfrage durch. Sie richtet sich sowohl an Angestellte in der Beratung als auch Inhouse – und erlaubt uns Einblicke, wie es um die Gleichstellung im Steuermarkt aus Sicht der Steuerexperten bestellt ist. Alle Angaben basieren auf der Steuerexpertenumfrage zwischen 2019 und 2024.
Die Gesamtzufriedenheit von Frauen in der Steuerberatung hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert und nähert sich immer mehr jener der männlichen Kollegen an. Ohnehin war der Unterschied schon 2019 marginal: Lag die Differenz 2019 noch bei 0,07 Punkten* (Männer: 3,24; Frauen: 3,17), ist sie 2023 auf 0,01 Punkte geschrumpft (Männer: 3,44; Frauen: 3,43). Ein Jahr später liegt die Zufriedenheit der Männer sogar mit 3,48 noch etwas höher und erreicht beinahe die höchstmögliche Bewertung „voll und ganz zufrieden“, während der Wert der Frauen mit 3,43 gleich bleibt.
Damit bewegt sich die Zufriedenheit der beider Geschlechter auf hohem Niveau und nah an der Bestnote von 4,0.
Work-Life-Balance: Frauen holen auf
Besonders erfreulich ist die Entwicklung bei der Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance. Hier haben Frauen massiv aufgeholt: Von einem Rückstand von 0,22 Punkten in 2019 (Männer: 3,01; Frauen: 2,79) haben sie 2024 fast gleichgezogen (Männer: 3,25; Frauen: 3,21). Die Zufriedenheit liegt damit auf einem Allzeithoch.
Gehalt: Annäherung auf hohem Niveau
Bei der Zufriedenheit mit dem Gehalt herrschte schon 2019 nahezu Parität – Frauen waren sogar minimal zufriedener (Männer: 2,84; Frauen: 2,89). Dieser Trend hat sich verstetigt: 2024 liegt die Zufriedenheit bei Männern bei 3,16 und bei Frauen bei 3,09. Die leicht höheren Werte der Männer könnten sich durch einen höheren Anteil in Führungspositionen erklären, wobei die grundsätzlich geringen Unterschiede als Hinweis auf zunehmend faire Vergütungsstrukturen gelesen werden können.
Dennoch zeigt sich mit einem Unterschied von 0,07 Punkten in 2024 die höchste bislang gemessene Abweichung in punkto Gehalt.
Aufstiegschancen: Kleine Delle in der Erfolgskurve
2019 waren Frauen mit ihren Aufstiegschancen noch zufriedener als Männer (Männer: 2,84; Frauen: 2,93). Bis 2023 haben sich die Werte bei 3,21 angeglichen. Doch 2024 zeigt sich eine Kehrtwende: Während die Zufriedenheit der Männer auf 3,26 steigt, sinkt sie bei den Frauen auf 3,17. Trendwende oder Ausrutscher? Das bleibt abzuwarten.
Gleichbehandlung: Hartnäckige Differenzen
Der größte Handlungsbedarf besteht nach wie vor bei der Wahrnehmung der Gleichbehandlung. Hier liegt die Zufriedenheit der Männer durchgehend um etwa 0,2-0,3 Punkte höher: 2024 bei 3,74 gegenüber 3,52 bei den Frauen. Auch wenn sich der Abstand seit 2019 (Männer: 3,63; Frauen: 3,33) leicht verringert hat, bleibt die weibliche aber deutlich hinter der männlichen Wahrnehmung zurück und deutet auf ein weiterhin bestehendes strukturelles Problem hin.
Wechselbereitschaft und -motive im Fokus
Interessante Erkenntnisse liefern auch die Daten zur Wechselbereitschaft: Etwa ein Fünftel der Männer und Frauen erwägen, ihren Job zu wechseln. Dabei unterscheiden sich die Motive deutlich:
- Frauen streben stärker nach mehr Freizeit
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielt für beide Gruppen bei Wechselerwägungen keine ausgeprägte Rolle
- Männer legen mehr Wert auf Gehalt und Aufstiegschancen. Die Unterschiede sind allerdings marginal
- Beim Thema Selbstständigkeit zeichnet sich ein deutlicherer Abstand ab. Diese Option ist für Männer attraktiver.
Bei den anvisierten Wechselzielen zeigen sich ebenfalls Unterschiede:
- Frauen zieht es stärker in den Mittelstand und kleinere Kanzleien
- Männer streben häufiger in Konzerne, große Kanzleien und die Selbstständigkeit.
Fazit: Positive Bilanz, aber noch Luft nach oben
Der Blick auf die Entwicklung von 2019 bis 2024 stimmt positiv: In allen Bereichen haben sich die Zufriedenheitswerte von Frauen verbessert und jenen der Männer angenähert. Besonders beeindruckend ist der Aufholprozess bei der Work-Life-Balance.
Doch es gibt nicht nur Licht, sondern auch Schatten: Die Gleichbehandlung wird von Frauen nach wie vor deutlich schlechter bewertet. Und bei den Aufstiegschancen deutet sich 2024 eine Trendumkehr an. Zudem offenbaren die unterschiedlichen Wechselmotive und -ziele einen möglichen Ansatzpunkt für die beobachteten Differenzen.
Klar ist: Der Weg zur echten Gleichstellung ist noch nicht zu Ende. Es braucht weiterhin ein Umdenken in den Kanzleien sowie Unternehmenssteuerabteilungen, eine kritische Überprüfung von Strukturen und eine gezielte Förderung weiblicher Talente. Der Weltfrauentag 2025 zeigt: Die Steuerberatungsbranche ist auf einem guten Weg – doch es bleiben Baustellen.
*Hinweis: Alle Zufriedenheitswerte in diesem Artikel basieren auf einer Skala von 1 bis 4, wobei gilt:
3,6 – 4,0 = voll und ganz zufrieden
3,0 – 3,5 = eher zufrieden
2,0 – 2,9 = eher nicht zufrieden
1,0 – 1,9 = ganz und gar nicht zufrieden