Viel Fläche, einige wirtschaftliche Leuchttürme, starker inhabergeführter Mittelstand, Handel, Landwirtschaft und Tourismus: So divers wie der Norden ist der dortige Steuermarkt. Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein verfügen über starke regionale Eigenheiten. Dennoch gibt es Themen, die alle Steuereinheiten beschäftigen: Spezialisierung, Personal und Digitalisierung.
Auf den ersten Blick wirkt der Markt in Hamburg stabil. Doch schaut man genauer hin, gibt es inhaltliche Bewegung: So baut BRL Boege Rohde Luebbehuesen die Beratung vermögender Privatpersonen aus –Stichwort Vernögensnachfolgen – und verstärkt sich dafür auch personell. Traditionell sehr stark in dem Bereich ist Esche Schümann Commichau – auch hier rechnet man in Zukunft mit noch stärkerer Nachfrage. Vermögens- und Unternehmensnachfolgen sind ein klassisches interdisziplinäres Thema zwischen Recht und Steuern, wo MDP-Kanzleien klar im Vorteil sind – zumal, wenn sie gut in der Hamburger Unternehmerschaft vernetzt sind. In der Hansestadt tut sich außerdem etwas in Sachen steuerlicher Nachwuchs. Um die Steuerlehre an der Universität Hamburg zu stärken, haben sich mehrere Kanzleien, darunter Möhrle Happ Luther, in der Hamburger Steuerinitiative zusammengefunden. Denn das ist ein Trend, der den gesamten Norden vereint: die Suche nach gutem Personal.
Mehr Bewegung gibt es im Hannoveraner Steuermarkt. Zwei renommierte Partner verlassen KSB Intax und gründen im Sommer eine eigene Kanzlei. Zudem legen Einheiten aus dem Hannoveraner Umland wie Gehrke Econ und Lüders Warneboldt einige Dynamik an den Tag, etwa im Bereich IT- und Prozessberatung. Sie zeigen, dass die Digitalisierung durchaus auch in der Fläche passiert und die Ballungsgebiete hier mitnichten die Nase vorn haben.
Die Verhältnisse in Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern sind stabil. Ehler Ermer & Partner ist im regionalen Mittelstand im hohen Norden gesetzt, in der Hansestadt Bremen sind Fides Treuhand und Clostermann & Jasper wichtige Aushängeschilder.
„Unsere Mandanten sind international gut aufgestellt“, berichtet ein Berater. Entsprechend lebendig ist die Nachfrage nach internationalem Steuerrecht, zu Verrechnungspreisen oder Betriebsstätten, oder zu umsatzsteuerlichen Fragen. Der Trend zur Spezialisierung kommt allmählich auch in Mecklenburg-Vorpommern an. Bei Platzhirsch Ecovis etwa nimmt der Anteil der Gestaltungsberatung zu. Gleichzeitig bleibt das Deklarations- und Compliance-Geschäft unverzichtbar. Gerade im strukturell schwachen Steuermarkt Mecklenburg-Vorpommerns liegt hier ein Knackpunkt: Wer wird in Zukunft die Deklaration und Compliance der Mandanten sicherstellen, wenn die Einzelkämpfer ihre Kanzleien schließen? Im Osten der Republik stehe, meinen Branchenkenner, ein riesiges Nachfolgeproblem vor der Tür. Konsolidierung, Digitalisierung, Automatisierung – es bleibt spannend, wohin die Reise geht.