Arbeiten im Ausland

„Das sind komplexe steuerliche Fragen, die noch nicht geklärt sind“

Autor/en
  • Catrin Behlau

Arbeiten aus dem Ausland liegt im Trend. Manche Unternehmen gehen dabei noch einen Schritt weiter und stellen die Infrastruktur gleich mit zur Verfügung - welche steuerlichen Fallstricke das hat, erklärt Stephanie Saur, Partnerin bei Grant Thornton in Düsseldorf, im Interview.

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Stephanie Saur

JUVE Steuermarkt: In den Medien war vor Kurzem zu lesen, dass das Fintech-Unternehmen Raisin seinen Mitarbeitenden nicht nur das Arbeiten aus dem Ausland erlaubt, sondern gleich noch die Villa in Griechenland dazu mietet – inklusive Wein-Flatrate. Ein Einzelfall?
Stephanie Saur:
Das ist in der Form sicher ungewöhnlich, aber längst kein Einzelfall mehr. Tatsächlich haben wir mehrere Mandanten, die sich mit genau diesem Thema beschäftigen. Wir haben in vielen Branchen einen Arbeitnehmermarkt und mit solchen Maßnahmen versuchen viele Unternehmen, Mitarbeitende zu halten und als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Und das geht dann manchmal tatsächlich auch über die reine Erlaubnis zum Arbeiten im Ausland hinaus, so dass mancher Arbeitgeber dann auch die entsprechende Infrastruktur gleich mit zur Verfügung stellt.

Mein erster Gedanke dazu war: ‚Hoffentlich hat da jemand vorher einen Steuerberater gefragt!‘ Denn eine solche Konstruktion hat doch sicher steuerliche Folgen?
Ja, und nicht nur lohn- und einkommensteuerlich. Tatsächlich gibt es hier gleich mehrere Themen, denn ich erlaube ja als Arbeitgeber einem Mitarbeitenden, von einem Ort aus zu arbeiten, in dem ich selbst kein Business habe. Das zieht automatisch die Frage nach der Begründung einer Betriebsstätte im Ausland nach sich. In dem konkreten Fall kommt ja noch dazu, dass der Arbeitgeber die Immobilie anmietet – aus meiner Sicht ist man zumindest bei einer langfristigen Anmietung bei der festen Geschäftseinrichtung und damit bei der Betriebsstättenbegründung. Das kann Deklarationspflichten und die Frage der Gewinnaufteilung mit sich bringen. Aber auch das Risiko von Service- oder Vertreterbetriebsstätten diskutieren wir mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus dem internationalen Grant Thornton Netzwerk bei Workation-Projekten.

Auch arbeits- und sozialversicherungsrechtlich ist Arbeiten aus dem Ausland ja ein Thema.
Auf jeden Fall. Arbeitgeber müssen immer schauen, ob in dem Land, in dem die Mitarbeitenden tätig sind, Lohnsteuerabzugs- oder Sozialversicherungspflichten bestehen. Das hängt von vielen Faktoren ab, die man vorher klären sollte. Es braucht für das Arbeiten im Ausland klare Regeln.

Beispielsweise über eine Betriebsvereinbarung…
Genau, und da kommen neben den Steuerexperten dann wieder die Arbeitsrechtler ins Spiel. Arbeitgeber sollten klare Do’s and Dont’s festlegen. Das betrifft ganz unterschiedliche Fragestellungen: Was ist bei Feiertagen im Reiseland zu beachten? Gibt es Melde- oder Bescheinigungspflichten? Welche Tätigkeiten sollten Mitarbeiter nicht im Ausland ausüben, um steuerliche Risiken zu minimieren? In Fällen, bei denen der Arbeitgeber für das Arbeiten im Ausland die Infrastruktur zur Verfügung stellt oder sogar die Reisekosten übernimmt, erwarten Arbeitgeber zudem teilweise auch ein Investment des Mitarbeiters. Dann wird beispielsweise ein gewisser Gehaltsverzicht mit den Mitarbeitenden vereinbart, die das Angebot nutzen möchten – denn andere können oder wollen vielleicht gar nicht im Ausland arbeiten. Es ist für den betrieblichen Frieden auch wichtig, dass die Daheimgebliebenen nicht das Gefühl haben, den Urlaub ihrer Kolleginnen und Kollegen mitzufinanzieren. Und noch komplizierter wird es, wenn Unternehmen in der Tarifbindung sind.

Aber das Prinzip ‚Lohnanpassung gegen Flug oder Unterkunft zur Workation‘ würde ja wiederum steuerliche Folgen nach sich ziehen.
Lohnsteuerlich kann das durchaus herausfordernd sein. Da schließt sich tatsächlich der Kreis, denn das eine kann tatsächlich nicht ohne das andere gedacht werden. Wir haben hier ein recht neues Phänomen, das durch die Corona-Pandemie einen enormen Schub bekommen hat. Grundsätzlich gibt es beim Thema mobiles Arbeiten schon eine gewisse Routine bei den Unternehmen. Geht es aber ums Ausland oder um weitere Zugeständnisse wie Flug oder Unterkunft stellen sich sehr komplexe Fragen, die noch nicht abschließend geklärt sind.

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