Eigentlich schien im Mai 2021 alles bereits beschlossene Sache, die Verträge waren unterzeichnet: Die langjährigen Kooperationspartner BRL und PGW wollten künftig auch formal als Einheit zusammenarbeiten. Doch dann die Überraschung: „Der für Juni 2022 geplante Beitritt von PGW zu BRL wird nicht erfolgen“, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Der Grund: PGW hat es sich innerhalb der einjährigen Probezeit anders überlegt. Die Steuerberatungsgesellschaft will ihre Unabhängigkeit nicht aufgeben. „Und wir beabsichtigen auch nicht, uns einer anderen Einheit anzuschließen“, sagte Namenspartner Dr. Peter Peters. Zwar seien die Gründe, die für einen Zusammenschluss mit einer größeren und bundesweiten Einheit sprechen – nämlich Digitalisierung, Internationalisierung und Fachkräftemangel – nach wie vor existent. Doch die Unabhängigkeit wog am Ende offenbar schwerer. Peters sollte als einziger der drei Partner auch in die Partnerriege bei BRL einziehen.
Für BRL ist die Entscheidung wenigstens ein kleiner Rückschlag. Denn noch im vergangenen Jahr galt die Übernahme der Bielefelder Kanzlei als Expansionsvorhaben der norddeutschen MDP. Von dem Büro erhoffte sich BRL vor allem eine Stärkung des M&A-Geschäfts in der Region. Interessant sei dabei vor allem der Mittelstand in der Region Ostwestfalen-Lippe gewesen.
PGW ist in den Bereichen Tax Compliance, Steuerstrukturierung und Financial Services tätig und beschäftigt insgesamt 45 Mitarbeiter, davon sind zehn Berufsträger und wiederum drei Partner. Geplant war, Rechtsberatung sowie den Bereich Restrukturierung und Insolvenz – also zwei wesentliche Kerngebiete von BRL – perspektivisch vor Ort aufzubauen. In der Startphase sollten Rechtsanwälte aus Hamburg und Berlin das Bielefelder Team interimistisch unterstützen. Diesem Vorhaben ist BRL nachgekommen und hat drei Partner und einen Senior Associate an den Bielefelder Standort abbestellt. Das machte sich bezahlt: „Unser Vorhaben hat sich bestätigt und wir konnten einige erfolgreiche Transaktionsgeschäfte für PGW-Bestandsmandanten abwickeln“, sagte Dr. Rüdiger Brock, Rechtsanwalt und Partner bei BRL gegenüber JUVE.
Weiterhin Kooperationspartner
Aufgrund der erfolgreichen Zusammenarbeit wollen die Beratungseinheiten weiterhin miteinander kooperieren. Damit kann BRL den strategischen Teil aufrechterhalten. Die MDP wollte Bielefeld perspektivisch mit Hamburg und Berlin zum dritten Full-Service-Standort machen. An den anderen Standorten Dortmund, Bochum, Hannover, Frankfurt und München bietet die Kanzlei vor allem Insolvenzrecht an. Obwohl die vollständige Integration der Bielefelder Gesellschaft gescheitert ist, können weiterhin beide auf die jeweils anderen Ressourcen zurückgreifen. Dennoch: Da BRL den Standort nicht aufgeben will, ist es durchaus denkbar, dass die Kooperation beider Einheiten bald einem Wettbewerbsverhältnis weicht – sollte BRL mit seinem Vorhaben, in der Region Fuß zu fassen, Erfolg haben.
Im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftete die MDP einen Jahresumsatz von 40 Millionen Euro, wovon 24,6 Millionen Euro durch Rechtsberatung und 9,2 Millionen Euro durch Steuerrechts- und Steuerberatung erzielt wurden.