Internationales Steuerrecht

„Die Dogmatik des BZSt kann hilfreich sein“

Autor/en
  • Catrin Behlau

Die Corona-Pandemie wird auch Auswirkungen auf die Verrechnungspreisberatung haben – spätestens, wenn das erste Halbjahr 2020 Teil der Betriebsprüfungen sein wird. Was dies insbesondere für internationale Streitigkeiten bedeutet und warum die viel gescholtene Rechtsdogmatik des Bundeszentralamtes für Steuern auch Vorteile haben kann, erläutern Axel Eigelshoven und Stephan Rasch, beide Verrechungspreispartner bei PricewaterhouseCoopers, im Interview mit JUVE Steuermarkt.

Teilen Sie unseren Beitrag
Stephan Rasch
Stephan Rasch

JUVE Steuermarkt: Herr Eigelshoven, Herr Rasch, was bedeutet Corona insgesamt für internationale Steuerprojekte? Anfang April hatte Thomas Eisgruber, Referent für internationale Betriebsprüfungen im Bundesfinanzministerium, im Interview mit JUVE Steuermarkt gesagt, dass dafür gerade eine ganz schlechte Zeit sei.
Stephan Rasch: Das ist für den Moment natürlich richtig, aber wir glauben, dass Corona auch durchaus ein Katalysator für internationale Projekte sein kann. Die jetzige Zeit ist aus unserer Sicht nur eine Übergangsphase. Denn es führt auch kein Weg daran vorbei: Die Staaten werden verstehen, dass es gilt, Streit zu vermeiden, und das nicht nur mit einigen wenigen Ländern. Man kann die Zeit nicht mehr zurückdrehen. Die Arbeiten an Pillar 1 und Pillar 2 werden aus unserer Sicht auf jeden Fall wieder an Fahrt aufnehmen. Und die Staaten wären auch gut beraten, diese Themen weiter voranzutreiben, um internationale Konflikte zu vermeiden. Denn gerade Corona wird auch für eine Welle an neuen Verfahren sorgen, dafür braucht es internationale Standards und Verständigungsmöglichkeiten. Deutschland und seine exportorientierte Wirtschaft wären jedenfalls gut beraten, diese Themen weiter voranzutreiben.

Dreh- und Angelpunkt bei den internationalen Verfahren rund um Verrechnungspreise ist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Diesem allerdings wird von Seiten der Berater und insbesondere der Unternehmen immer wieder vorgeworfen, zu rechtsdogmatisch an die Verfahren heranzugehen, statt eine pragmatische Lösung zu suchen. Wie stehen Sie dazu?
Rasch: Es stimmt, das BZSt geht in den Verständigungsverfahren in der Regel eher rechtsdogmatisch vor, und das kann schon einmal zu Reibungen führen, wenn das Gegenüber eher pragmatisch an die Sache herangeht oder beim gegnerischen Staat eventuell nicht die gleichen rechtlichen Kompetenzen vorliegen. Und natürlich können wir verstehen, dass es dem betroffenen Unternehmen in erster Linie um eine schnelle und akzeptable Lösung geht.

Aber?
Rasch: Trotzdem muss man das aus meiner Sicht sehr differenziert sehen, denn der rechtsdogmatische Ansatz kann auch Vorteile haben. Die dann gefundenen Lösungen sind nachhaltiger und können auf andere Fälle angewandt werden. Eine gewisse Rechtsdogmatik kann also hilfreich sein, auch für die Unternehmen, die dann einmal wirklich eine rechtssichere Antwort bekommen, statt in der nächsten Betriebsprüfung wieder mit dem gleichen Problem konfrontiert zu sein – jedes Mal wieder mit ungewissem Ausgang.

Wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen?
Rasch: Die Finanzverwaltung soll ja die Vergangenheit aufrollen, für die Zukunft sind die Advance Pricing Agreements (APA) gedacht. Das Problem ist aber: Diese Aufarbeitung der Vergangenheit dauert oft viel zu lang. Wenn mehrere Jahre zwischen dem Streitpunkt und der Lösung liegen, ist eigentlich niemandem geholfen.

Axel Eigelshoven
Axel Eigelshoven

Wie ließe sich das in den Griff bekommen?
Rasch: Es gibt eine Flut von Verfahren und dafür bräuchte es einen multilateralen Kanon, wie diese Verfahren zu führen sind. Eine Fachdiskussion hierzu gibt es bereits. Derzeit läuft es – überspitzt ausgedrückt – eher so: Das Verfahren geht auf die bilaterale Ebene, und drei Jahre später hört man dann einmal was.

Wie könnte das aussehen?
Rasch: Man bräuchte eine „Renovierung“ der Logik in Artikel 25. Grundsätzlich ist ja alles relativ klar – bis auf die Umsetzungsfristen: Wie lange darf das alles dauern? Auch die OECD hat das erkannt: Im Aktionspunkt 14 der OECD wird festgelegt, dass es einen zügigen Abschluss der Verständigungsverfahren geben soll, im Idealfall innerhalb von 24 Monaten. Allerdings reichen Soll-Vorschriften nicht aus. Zu einer differenzierten Betrachtung gehört, dass die Unternehmen und Berater umfänglich mitwirken, die beteiligten Behörden aber innerhalb eines festen Zeitkorsetts reagieren müssen.

Ein Problem für viele Unternehmen ist ja auch, dass sie bei einem bilateralen Verfahren die Hoheit über ihren eigenen Fall an die Behörde abgeben müssen und kaum noch Einfluss nehmen können. Das ist für viele Unternehmen eine unbefriedigende Situation.
Axel Eigelshoven: Das stimmt, der Mandant steht in so einem Verfahren außen vor und hat weder wirklich Einfluss auf die Dauer noch den Ausgang des Verfahrens. Das ist natürlich aus Mandantensicht unbefriedigend. Auch hier setzt der Aktionspunkt 14 der OECD an, in dem mehr Transparenz für den Steuerpflichtigen vorgeschlagen wird.

Wenn es um die Rolle des BZSt in den internationalen Verfahren geht, heißt es – neben dem Vorwurf der Rechtsdogmatik – immer reflexartig: „Die haben zu wenig Personal.“ Sind denn die Herausforderungen beim BZSt allein mit mehr Mitarbeitern zu schaffen?
Eigelshoven: Jede Ressource kann helfen, denn das BZSt hat mit den Bundesbetriebsprüfungen, den Advance Pricing Agreements und den internationalen Verfahren viele Aufgaben, und da würde jeder Mitarbeiter mehr für eine Verbesserung sorgen. Das Problem ist allerdings, dass man nicht einfach neue Leute einstellen kann und dann läuft es. Für einen solchen Job braucht man viel Geschick und Erfahrung, da muss man hineinwachsen. Das BZSt stellt ja viele Mitarbeiter neu ein, aber man muss diese dann auch auf die Aufgaben vorbereiten. Das macht das Bundeszentralamt auch, aber das dauert.

Das Gespräch führte Catrin Behlau.

Das ausführliche Interview finden Sie im aktuellen JUVE Steuermarkt

Artikel teilen

Gerne dürfen Sie unseren Artikel auf Ihrer Website und/oder auf Social Media zitieren und mit unserem Originaltext verlinken. Der Teaser auf Ihrer Seite darf die Überschrift und einen Absatz des Haupttextes enthalten. Weitere Rahmenbedingungen der Nutzung unserer Inhalte auf Ihrer Website entnehmen Sie bitte unseren Bedingungen für Nachdrucke und Lizenzierung.

Für die Übernahme von Artikeln in Pressespiegel erhalten Sie die erforderlichen Nutzungsrechte über die PMG Presse-Monitor GmbH, Berlin.
www.pressemonitor.de

Lesen sie mehr zum Thema