Der Ausschuss wurde eingesetzt, nachdem bekannt geworden war, dass sich Hamburgs damaliger Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) in den Jahren 2016 und 2017 dreimal mit den Warburg-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg getroffen hatte. Gegen Olearius wurde zu diesem Zeitpunkt bereits wegen des Verdachts des schweren Steuerbetrugs im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften ermittelt.
Das Finanzamt für Großunternehmen verzichtete 2016 nach den ersten Treffen auf Steuerrückforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro gegen das Geldhaus. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 auf Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert.
Positionen der Fraktionen
Der Zwischenbericht soll am Mittwoch beschlossen werden und schon jetzt gibt es rund 200 Stellungnahmen zu dem mehr als 1.000 Seiten starken Entwurf. Davon stammen mehr als die Hälfte von Rot-Grün, gut 90 von der CDU sowie 8 von der AfD und 7 von der Linken. Entsprechend heftig ist die Diskussion vorab über die vorläufigen Ergebnisse.
Die Regierungskoalition aus SPD und Bündnis 90 / Die Grünen sieht keine politische Einflussnahme, kritisiert aber Versäumnisse seitens der Finanzverwaltung. Die Sorge um eine vermeintliche Existenzgefährdung der Bank habe die Entscheidungsfindung beeinflusst. Zudem habe die Finanzverwaltung versäumt, die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen zu nutzen. Die Abgabenordnung sehe hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung der Kapitalertragsteuer eine Beweislastumkehr vor. Zudem sei zu Unrecht von einer Teilverjährung des Erstattungsanspruchs ausgegangen worden.
Die Linke hingegen sieht zumindest eine indirekte Einflussnahme durch Scholz und Tschentscher. Norbert Hackbusch, der Obmann der Linken im Ausschuss, betont, dass wichtige Teile der Finanzbehörde als „vehemente Verteidiger des Steuerräubers“ aufgetreten seien. Diese Haltung sei nur möglich gewesen, da der damalige Finanzsenator und heutige Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) Rückendeckung gewährte. Trotzdem räumt Hackbusch ein: „Wir haben keinen Beweis für eine direkte Einflussnahme gefunden.“
Dennoch hält Ausschussmitglied David Stoop (Die Linke) den Rücktritt von Tschentscher und Scholz von ihren Ämtern für angemessen. Er zweifelt an der Glaubwürdigkeit der Erinnerungslücken von Tschentscher und Scholz. Vor allem Scholz hatte sowohl vor dem Untersuchungsausschuss als auch vor dem Finanzausschuss des Bundestags mehrfach erklärt, er könne sich nicht an konkrete Einzelheiten erinnern. Eine Einflussnahme schloss er jedoch kategorisch aus.
Die politischen Kontroversen werden durch die Verbindungen von SPD-Politikern wie Johannes Kahrs und dem ehemaligen SPD-Innensenator Alfons Pawelczyk zur Warburg Bank zusätzlich angeheizt. So habe beispielsweise die SPD Hamburg-Mitte, deren Vorsitzender Kahrs war, 2017 von der Warburg Bank oder deren Umfeld Spenden in Höhe von 38.000 Euro bekommen. Pawelczyk wiederum sei als Berater für die Bank tätig gewesen. Derartige Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaftsakteuren suggerieren Vorteile und privilegierten Zugang zur Politik, so Stoop.
Auch die SPD zeigt sich kritisch gegenüber den Verbindungen. Laut Bericht des Ausschusses sollen sich Kahrs und Pawelczyk für die Warburg Bank eingesetzt haben. Gegen beide ermittelt zurzeit die Kölner Staatsanwaltschaft wegen Begünstigung im Zusammenhang mit Cum-Ex. Eine Einschätzung der CDU steht derweil noch aus.
Streit um Einsicht in brisante E-Mails eskaliert
Am vergangenen Freitag setzte sich der Untersuchungsausschuss in der Hansestadt zudem in einer Sondersitzung mit dem Umgang mit mehr als 700.000 möglicherweise brisanten E-Mails auseinander. Diese hatte die Kölner Staatsanwaltschaft im Rahmen der Cum-Ex-Ermittlungen beschlagnahmt und im Oktober dem Hamburger Untersuchungsausschuss auf sogenannten Asservaten-Laptops übergeben.
Die E-Mails sollen von Personen wie Scholz‘ Büroleiterin Jeanette Schwamberger, Tschentscher und zahlreichen Topbeamten stammen. Die Diskussion dreht sich nun darum, wer Zugang zu diesen Mails erhalten soll, da sie möglicherweise auch Inhalte enthalten, die nicht den Untersuchungsauftrag des Ausschusses betreffen.
Die rot-grüne Regierungsmehrheit im Ausschuss beschloss, dass zunächst nur zwei Mitarbeiter des Arbeitsstabes Einsicht in die E-Mails nehmen dürfen, um sie auf für den Untersuchungsauftrag relevante Inhalte zu überprüfen. Dieser Beschluss stößt auf Widerstand von CDU und Linken. Sie drängen darauf, dass auch die Obleute der Fraktionen den Gesamtbestand einsehen dürfen. Die CDU kündigte an, gegen die Entscheidung rechtlich vorzugehen.
Vor knapp drei Wochen sorgte die Handhabung der Laptops für Verwirrung, als der Leiter des Arbeitsstabs, Steffen Jänicke (SPD), die Geräte aus einem Tresor nahm und in einem gesicherten Schrank in seinem Arbeitszimmer lagerte. Diese Maßnahme sollte eine Einsichtnahme verhindern, bis der weitere Umgang mit den E-Mails geklärt war.