CDU-Steuerpläne

Eine rechtsformneutrale Besteuerung hätte Konsequenzen für Partnerschaftsgesellschaften

Autor/en
  • Götz Kümmerle

Steuerreformen erlebt die Steuerbranche meist aus der Zuschauerperspektive: Am Ende muss sie diese umsetzen, ist aber selbst nicht betroffen. Bei den Reformplänen, die der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz vorgeschlagen hat, wäre dies anders. Der Wegfall der besonderen Besteuerung von Personengesellschaften betrifft viele Steuerberatungsgesellschaften – nämlich alle, die nach dem PartGG firmieren. Juve Steuermarkt hat in der Branche nachgefragt.

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„Ich plädiere für die Schaffung einer echten Unternehmensteuer. Die Personengesellschaften müssen heraus aus der Einkommensteuer", ließ sich der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz kürzlich im Handelsblatt zitieren. Eine solche Reform hätte weitreichende Konsequenzen auch für die Steuerbranche selbst.

Mit einem Interview im Handelsblatt Anfang Oktober fing alles an: Oppositionsführer Friedrich Merz forderte nichts Geringeres als die größte Unternehmensteuerreform in Deutschland seit Jahrzehnten: „Ich plädiere für die Schaffung einer echten Unternehmensteuer. Die Personengesellschaften müssen heraus aus der Einkommensteuer. Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer und Einkommensteuer für die unternehmerischen und gewerblichen Einkünfte gehen auf in einer einfachen und verständlichen Unternehmensbesteuerung.“ Merz sagte auch, welchen Steuersatz er sich vorstellt: „Wettbewerbsfähig sind wir mit etwa 25 Prozent. Und ich würde dann auch nicht gern zwischen Gewinnen unterscheiden, die ausgeschüttet werden, und denen, die im Unternehmen verbleiben. Bei den ausgeschütteten Gewinnen können die Anteilseigner die Vorbelastung dann auf ihre individuellen Steuern anrechnen lassen.“

Ein ganz schönes Brett, das Merz der Bundespolitik da vorsetzt. Normalerweise schauen sich Steuerberaterinnen und -berater so etwas zunächst entspannt aus der Distanz an. Erstens kann man bei Steuerplänen stets sehr begründet darauf wetten, dass nichts so umgesetzt wird, wie zunächst medial kommuniziert. Zweitens spricht hier die Opposition, während allein schon die Regierung für ausreichend steuerpolitischen Veränderungsstoff sorgt. Aber am allerwichtigsten ist drittens: Am Ende bringen alle Neuerungen, Änderungen, Verschlechterungen oder Verbesserungen gleichermaßen mehr Neugeschäft für eine Branche, der die Arbeit scheinbar niemals ausgeht. Kein Grund zur Sorge also: „Weil ich ja sowieso gewinn, weil ich Steuerberater bin“, könnte man in Anlehnung an einen schlimmen Ohrwurm der ‘90er dichten. Diesmal liegt der Fall allerdings anders.

Jenseits der großen Beratungen herrscht immer noch die Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaften vor

Denn die Steuerbranche ist selbst in erheblichem Maße von Merz‘ Vorschlag betroffen. Jenseits der großen Gesellschaften herrscht immer noch die Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaften vor – verfasst nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG); einem speziellen Gesetz, das den Zusammenschluss Angehöriger Freier Berufe regelt wie etwa von Ärzten, Heilpraktikern, Hebammen, Diplom-Psychologen, Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern, beratenden Volks- und Betriebswirten, Ingenieuren, Architekten und selbst Journalisten, Dolmetschern, Übersetzern und Künstlern. Für eine Partnerschaftsgesellschaft gibt es keine gesonderten steuerrechtlichen Regelungen. Die Besteuerung der Einkünfte einer Partnerschaft erfolgt nach den allgemeinen Regeln für die Personengesellschaft. Steuerlich ist damit eine PartG einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder eine Kommanditgesellschaft (KG) gleichgestellt.

Zurückhaltung bei den Steuerberaterkammern – mehr Fragen als Antworten

Noch zurückhaltend gibt sich die Steuerberaterkammer Köln, zu dürftig sei gegenwärtig noch die Informationslage: „Darüber hinaus gibt es im Grunde bereits eine einheitliche Unternehmensteuer für Personengesellschaften, seitdem das Optionsrecht zur Körperschaftssteuer für Personengesellschaften in § 1a KStG eingeführt worden ist. Eine grundsätzliche Optierung sämtlicher Personengesellschaften – sofern das Konzept Derartiges vorsehen würde – dürfte mit Blick auf den steuerberatenden Berufsstand aus steuerlichen Gründen eher für größere Einheiten interessant sein, den Großteil der in unserem Berufsstand tätigen Personengesellschaften jedoch weniger betreffen“, sagte ein Sprecher der Kammer gegenüber Juve Steuermarkt.


Auch die Bundessteuerberaterkammer in Berlin hat mehr Fragen als Antworten zum Vorstoß von Friedrich Merz: „Noch ist offen, ob es bei der derzeitigen grundsätzlich divergierenden steuerrechtlichen Einordnung von Personen- und Kapitalgesellschaften bleibt, ob das Transparenzprinzip bei Personengesellschaften aufgehoben werden soll, wie das Sonderbetriebsvermögen von Personengesellschaften dann zu behandeln sein soll, ob Freiberufler dieser Unternehmenssteuer überhaupt unterfallen würden oder für sie nach wie vor grundsätzlich das Einkommensteuergesetz wie derzeit gilt, ob es dann nach wie vor vermögensverwaltende Personengesellschaften gibt, wie die Gemeindefinanzierung aussehen soll“, so eine Sprecherin.

Stefan Blöcker

Merz‘ Vorschlag sieht die Möglichkeit vor, Gewinne im Unternehmen zu belassen. Darin kann der Chef der Steuerberaterkammer Hamburg, Stefan Blöcker, aber auch Vorteile entdecken: „Die bisherigen Möglichkeiten zur Thesaurierung in Personengesellschaften sind so komplex, dass die kaum angewandt werden.“ Der Vorschlag von Merz könne daher dazu führen, dass Kapital in der Gesellschaft gehalten wird, das dann zu Investitionsanreizen bei Personengesellschaften führen würde.

Partnerschaftsgesellschaft als Rechtsform hat Vorteile

Die Partnerschaftsgesellschaft als Rechtsform hat einige Vorteile wie etwa, dass keine Bilanz erstellt werden muss, sondern nur eine Einnahme-Überschussrechnung. Eine Gewerbesteuerpflicht besteht nicht, ebenso wenig wie eine Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer. Versteuert werden die Einnahmen der Partnerschaftsgesellschaft auf Gesellschafterebene – über die Einkommensteuer als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zum jeweiligen Einkommensteuertarif der Partnerinnen und Partner.

Den Vorteilen stehen aber auch einige Einschränkungen gegenüber: Die Tätigkeit in einer Partnerschafsgesellschaft muss aufgrund der eigenen Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich erfolgen. Das ist etwas sperriges Deutsch dafür, dass man als Angehöriger eines Freien Berufes in einer PartGG auch wirklich beruflich frei tätig sein muss. Gerade deshalb taucht die Debatte um Gewerblichkeit in Anwalts- und Steuerberatergesellschaften auch immer wieder auf. Eine komplette Einbindung in einen fremden unternehmerischen Zusammenhang etwa als fremdbestimmte verlängerte Werkbank oder vom Unternehmen aus geführte ausgelagerte Steuerabteilung könnte daher schon einmal zur Gewerblichkeit und damit zur Gewerbesteuerpflicht sowie dem Verlust des Status als Partnerschaftsgesellschaft führen.

Nachteil einer Partnerschaftsgesellschaft bei Thesaurierung

Ein weiterer Nachteil ist das komplizierte Handling der Bereitstellung von Geld für Investitionen. Das ist der Fall, wenn man gezielt Gewinne nicht ausschütten, sondern im Unternehmen belassen möchte, um zum Beispiel Mittel für Digitalisierungsprojekte oder Recruitingmaßnahmen zu sichern. Dann ist die Besteuerung zum Einkommensteuersatz der Partner im Weg – angesichts der derzeitigen Wirtschaftslage der Branche dürfte dieser bei Steuerberaterinnen und Steuerberatern als Partner in einer Partnerschaftsgesellschaft fast immer bei 42 Prozent, jedoch in den allermeisten Fällen sogar bei 45 Prozent liegen. Seit letztem Jahr können Partnerschaftsgesellschaften daher auch zur Körperschaftssteuer optieren und damit von dem niedrigeren Körperschaftsteuersatz von rund 16 Prozent inklusive Solidaritätszuschlag profitieren. Allerdings wird die Partnerschaftsgesellschaft dadurch auch gewerbesteuerpflichtig. Zudem sollten sich die Partnerinnen und Partner ihres Thesaurierungswunsches sicher sein. Denn werden die Gewinne am Ende doch ausgeschüttet, erfolgt wieder eine Nachbesteuerung anhand des individuellen Einkommensteuersatzes.

Es gibt also einige Gründe, weshalb die Steuerbranche von den Vorschlägen von Merz profitieren könnte – vor allem, weil die ungeliebte Gewerbesteuer verschwinden würde.

Fragen und Skepsis bei Beratern

Tarek Bary

Ähnliche Fragen wie die Kammern stellt sich auch die Steuerberaterbranche. Dr. Tarek Bary, Steuerpartner bei Muth & Partner in Fulda, die ebenfalls als Partnerschaftsgesellschaft firmieren, meint: „Welche Auswirkungen hätte der Vorstoß auf Thesaurierungspotenziale für die als Personengesellschaften organisierten Steuerberatungskanzleien insbesondere hinsichtlich der Vergütungs- und Entnahmepolitik? Wie wäre der Umgang mit den Privatsteuern der Partner? Wie würde ein zukünftiger Umgang mit Sondervergütungen oder Nutzungsüberlassungen durch Gesellschafter geregelt – weiterhin als Neutralisierung oder nun als steuerliche Anerkennung? Welche Übergangsregelungen und Umwandlungsszenarien gäbe es? Und würde eine solche Maßnahme, wie von Friedrich Merz angedacht, ein ‚Naked in-/Naked-Out‘-System am Ende erschweren oder erleichtern?“

Bilanzierungspflicht wäre von Nachteil

Frank Schönherr

Skeptisch zeigt sich Frank Schönherr, Partner bei der Partnerschaftsgesellschaft Bergemann Schönherr in München: „Ich glaube, dass der Vorschlag nicht realistisch ist, weil die Umsetzung den Staat zu viel Geld kosten würde.“ Sinn würde das Vorhaben ohnehin nur machen, so Schönherr, wenn es auch einfach umsetzbar wäre. „Und nicht ein solches Bürokratiemonster wird wie die Thesaurierungsbegünstigung oder das Optionsmodell für Personengesellschaften.“ Auch die mögliche Bilanzierungspflicht sieht Schönherr als Nachteil. Das sei nicht nur lästige Arbeit, sondern bringe auch ökonomische Belastungen für die Partnerschaftsgesellschaften mit sich, unterstreicht Achim Bergemann, ebenfalls von Bergemann und Schönherr: „Noch nicht bezahlte Forderungen müssten dann genauso bilanziert und halbfertige Arbeiten ebenfalls in die Bilanz aufgenommen werden.“ Dies könne zu mehr Steuern für die Partnerschaftsgesellschaften beziehungsweise zu einer vorgezogenen Steuerbelastung führen.

„Für typische Unternehmen der mittelständischen Beratungsbranche eher nachteilig“

Achim Bergemann

„Der Vorschlag muss für die Partnerschaftsgesellschaften in der Steuerberatung nicht von Vorteil sein. Im Gegenteil: Er könnte Flexibilität rauben – gerade wenn die Möglichkeit zur Einnahme-Überschussrechnung entfallen würde“, sagt Bergemann. Bedenken haben die beiden Partner auch, wenn es um das Thema Vererbung geht. Bei einer Kapitalgesellschaft gebe es ein Mindestquorum von mehr als 25 Prozent, um in den Genuss der Regelung des begünstigten Betriebsvermögens zu kommen. Diese Regelung gebe es bei Personengesellschaften nicht. Daher würde für Partnerschafsgesellschaften die Regelung der Vererbung von begünstigtem Betriebsvermögen unabhängig von der Beteiligungsquote gelten. „Gesamtwirtschaftlich ist so ein Vorgehen wie von Friedrich Merz beschrieben, sicher zu begrüßen. Für die typischen Unternehmen der mittelständischen Beratungsbranche ist dies allerdings eher nachteilig“, so Bergemann.

Problem mit Abschreibungen beim Eintritt neuer Partner, wenn bisheriges Besteuerungsregime fällt

Ein schwerwiegendes Problem sehen die beiden Partner auch beim Erwerb von Anteilen an einer Partnerschaftsgesellschaft, also wenn sich ein neuer Partner einkauft. Bisher könnten diese Investitionen relativ zügig von der Einkommensteuer abgeschrieben werden. Entfalle die Abbildung der unternehmerischen Tätigkeit über die Einkommensteuer, wie im Vorschlag von Friedrich Merz vorgesehen, dann könnten auch diese Abschreibungsmöglichkeiten entfallen.

Gerade in einer Zeit, in der sehr viele Kanzleianteile auch wegen der Überalterung der Branche zum Verkauf stehen, könnte ein solcher Effekt den Preisverfall von Kanzleianteilen beschleunigen – neben ohnehin schon bestehenden Faktoren wie schlechter Digitalisierung oder fehlender Modernisierung.

Karl Schröder

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Karl Schröder, Partner bei der bayrischen Steuerberatungsgesellschaft Dr. Kittl & Partner, sieht ebenfalls die Abschreibung auf den Kaufpreis beim Neueintritt von Partnern in eine Partnerschafsgesellschaft als Problem, wenn das bisherige Besteuerungsregime aufgegeben werden würde. „Die Partnerschaftsgesellschaft bietet beim Neueintritt von weiteren Partnern als Personengesellschaft einen erheblichen Vorteil.“ Denn beim Erwerb entfalle der Kaufpreis vor allem auf immaterielle Vermögensgegenstände, nämlich den Mandantenstamm. Diese Anschaffungskosten könnten aktuell über mehrere Jahre abgeschrieben werden. „Das ist ein erheblicher Steuervorteil für neu hinzukommende Partner.“ Diese Abschreibungsmöglichkeit funktioniere, weil Personengesellschaften über die Einkommensteuer taxiert würden. „Wer einen Kanzleianteil an einer Partnerschaftsgesellschaft erwirbt und sich als neuer Partner zum Beispiel mit 600.000 Euro in diese Gesellschaft einkauft, kann den Kaufpreis über sechs Jahre von seiner Einkommensteuer abziehen: Also 100.000 Euro pro Jahr. Bei einem Einkommensteuersatz von 45 Prozent macht dies eine Steuerersparnis von 45.000 Euro pro Jahr, also von 270.000 Euro über die sechs Jahre.“

Aber es gibt noch weitere steuerliche Vergünstigungen, die bei der Veräußerung von Kanzleianteilen greifen: Habe man das 55. Lebensjahr vollendet, dann falle auf außerordentliche Einkünfte wie durch Betriebsveräußerungen ein verminderter Steuersatz an. „Wir haben also aktuell hohe Abschreibungen beim Einstieg und einen niedrigeren Steuersatz beim Ausstieg“, so der Partner einer Gesellschaft, der ungenannt bleiben möchte. Die Frage sei, wie dies in Zukunft bei einem Pauschalmodell in der Unternehmensteuer geregelt würde.

Der Vorschlag von Friedrich Merz, auf eine gesonderte Besteuerung von Personengesellschaften zu verzichten, trifft also auf ein geteiltes Echo in der Steuerberaterbranche. Die Partnerschaftsgesellschaft scheint als Personengesellschaft steuerlich für die Branche nach wie vor sehr attraktiv zu sein – entsprechend groß ist die Angst, sich bei einer radikalen Neuregelung zu verschlechtern.

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