Diese Regelung war von Lambrecht gestrichen worden. Die heutige Verteidigungsministerin musste sich in der Folge vorwerfen lassen, die Spitzenposten der Bundesgerichte nach politischen Gesichtspunkten besetzen zu wollen. Große Teile der Richterschaft kritisierten die Aufweichung der Auswahlkriterien scharf.
Buschmann verständigte sich nun mit den Spitzen der Bundesgerichte darauf, dass bei der Neubesetzung freier höchstrichterlicher Positionen wieder das Anforderungsprofil aus dem Jahre 2016 zugrunde gelegt wird. Eine mindestens fünfjährige Erfahrung am jeweiligen Gericht wird in Zukunft also wieder erforderlich sein, um eine Führungsposition zu bekleiden.
Die Entscheidung begrüßte insbesondere der Deutsche Richterbund. Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn sagte: „Den damit losgetretenen Konflikt mit den Bundesgerichten legt der neue Bundesjustizminister nun bei und räumt die Besorgnis aus, dass die Politik durch geänderte Anforderungsprofile ihren Einfluss auf die Besetzung höchster Richterämter ausweiten wollte.“
Dennoch bleibt das Problem bereits getroffener Personalentscheidungen ungelöst: Die frühere große Koalition hatte sich für den CDU-Mann und ehemaligen Präsidenten des Finanzgerichts Düsseldorf, Dr. Hans-Josef Thesling, als Präsidenten des Bundesfinanzhofs (BFH) und für die Präsidentin des saarländischen Finanzgerichts, Anke Morsch, als seine Stellvertreterin entschieden – beide waren zuvor keine Bundesrichter und können somit die nun wieder erforderliche Mindesterfahrung am Gericht nicht vorweisen.
Nachdem der vorherige Präsident, Prof. Dr. Rudolf Mellinghoff, sich im Sommer 2020 in den Ruhestand verabschiedet hatte, war ein Vakuum am Bundesfinanzhof entstanden. Mellinghoff hatte während seiner Amtszeit keinen Nachfolger aufgebaut, der ihn in seiner Funktion hätte beerben können. Als ihm die damalige Vize-Präsidentin, Christine Meßbacher-Hönsch, Ende Oktober des gleichen Jahres nachfolgte, musste der Vorsitzende Richter des IV. Senats, Michael Wendt, kommissarisch einspringen.
In dieser Situation ergab sich nun für Lambrecht die Möglichkeit, ihre Favoritin und Parteigenossin Morsch als externe Richterin auf den Posten als Präsidentin des BFH zu hieven. Aufgrund einiger Ungereimtheiten eine frühere Position betreffend war man von diesem Plan zwischenzeitlich abgekommen und schickte stattdessen Thesling ins Rennen. Diesen wiederum hatte die Bundesregierung nach monatelangen Debatten zwar im März 2021 zum Präsidenten berufen. Dennoch vergingen wiederum einige Monate, bis er letztlich im Januar 2022 seine Tätigkeit als höchster deutscher Finanzrichter aufnahm.
Die Stellvertreterposition bleibt indes weiterhin unbesetzt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München hatte Anfang der Woche Morschs Ernennung gestoppt und dem Bundesjustizministerium Rechtsfehler bescheinigt. Rechtsmittel hatte das Gericht nicht zugelassen, auch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ist laut Bundesjustizministerium nicht möglich.
(mit Material von dpa)