New Work

Kölner Steuerberatungshaus führt Viertagewoche ein

Die Kölner Kanzlei Meiners & Euler wird im April die Viertagewoche für ihre Angestellten einführen. Der Modellversuch läuft bis Jahresende. Meiners & Euler hofft, so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

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Thomas Euler (links) und Michael Euler (rechts) führen in ihrer Kanzlei Meiners & Euler die Viertagewoche ein.

Meiners & Euler zählt 23 Mitarbeitende, darunter zwei Berufsträger. Das Brüderpaar Thomas (51) und Michael Euler (49) leitet die Kanzlei, die aktuell vier Azubis in ihren Reihen zählt. Die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft bietet kleinen und mittleren Unternehmen steuerliche Rundumbetreuung: von der Finanz- und Lohnbuchhaltung über Jahresabschlüsse bis hin zu Umwandlungen. Ein Schwerpunkt liegt auf der GmbH als Rechtsform.

Modellprojekt Viertagewoche

Ermutigt durch eine britische Langzeitstudie haben sich die Geschäftsführer entschieden, im Rahmen eines Pilotprojekts die Viertagewoche einzuführen. Ende Februar hatten Forschende die Ergebnisse ihrer Studie vorgestellt, wonach ein Großteil der beteiligten Unternehmen das Arbeitszeitmodell beibehalten will. Meiners & Euler will die Viertagewoche vorläufig von April bis Dezember 2023 laufen lassen. In dieser Zeit arbeiten die Angestellten 34 Stunden pro Woche, verteilt auf vier Arbeitstage – bei vollem Gehalt. Es soll nicht möglich sein, die reduzierte Arbeitszeit auf fünf Tage zu verteilen. Eine weitere Verkürzung auf 32 Stunden ist geplant.

Laut Michael Euler beteiligen sich alle Vollzeitkräfte am Pilotprojekt, eine Teilzeitkraft habe zudem ihre wöchentliche Arbeitszeit auf 34 Stunden erhöht. Eine Kollegin, deren Wochenarbeitszeit deutlich unter den 34 Stunden liege, habe sich dagegen entschieden. Auch die Azubis könnten sich nicht beteiligen, da die Ausbildungsordnung das nicht erlaube. Die Geschäftsführer nehmen anfangs jede zweite Woche als Viertagewoche, wollen aber später in den regulären wöchentlichen Rhythmus einsteigen.

Welches der dritte Wochenendtag wird, können die Kollegen frei entscheiden. Die Besetzung der Kanzlei muss aber gewährleistet sein. Das Modellprojekt geht mit Trainings für Zeit- und Aufgabenmanagement einher. Hierfür holt sich die Gesellschaft im Juni auch externe Beratung ins Haus. So will sie sicherstellen, dass die Arbeit produktiv erledigt wird. Während festgelegter Konzentrationsarbeitsphasen sollen die Angestellten ablenkungsfrei Aufgaben erledigen – ohne Störung durch Outlook und andere „Zeitfresser“.

Gründe und Perspektiven

Und warum das Ganze? Die Kanzlei blickt einerseits auf anstrengende Jahre zurück, in denen Corona-Maßnahmen für viel zusätzliche Arbeit, Überlastung und Krankheitsfälle gesorgt haben. Andererseits erhebt Meiners & Euler den Anspruch, ein moderner Arbeitgeber zu sein, und will mit der Maßnahme dem Fachkräftemangel beikommen. So zielt die Kanzlei nicht zuletzt darauf ab, mit der Viertagewoche Personal zu halten oder neues zu gewinnen.

Ende des Jahres wollen die Geschäftsführer entscheiden, ob sie das Projekt fortführen. Michael Euler sieht es als Mittelstreckenlauf an: „Wir müssen zuerst die Abläufe umstellen. Da ist normal, dass die Produktivität am Anfang leidet. Am Ende sind die Erfolgskriterien zufriedene Mandanten und zufriedene Mitarbeitende. Die Zahlen müssen natürlich auch stimmen.“ Er gibt allerdings auch zu, dass es schwerfallen würde, den Mitarbeitenden die Viertagewoche wieder wegzunehmen, wenn sie einmal ans Laufen gekommen sei.

Ähnliche Projekte gibt es auch in anderen Steuerberatungsgesellschaften und Anwaltskanzleien deutschlandweit. Die genaue Ausgestaltung variiert. Die Berliner Kanzlei Härting startet beispielsweise auch im April in einen Modellversuch. Er sieht eine Viertagewoche mit 36 Stunden Wochenarbeitszeit vor und läuft bis September. Bereits mitteldrin steckt die ETL MCP Mühl Steuerberatungsgesellschaft aus Limburg, die zu Jahresanfang die Viertagewoche eingeführt hat. Bei ihr läuft das Projekt ebenfalls ein halbes Jahr.

Viertagewoche mit Achtstundentagen oder erhöhter Arbeitszeit, flexibles Arbeiten oder Sabbatjahr – es kommt Bewegung in die Steuerberatungsbranche. Angesichts des demografischen Wandels und Fachkräftemangels lassen sich Arbeitgeber einiges einfallen, um Personal anzulocken oder zu binden. Ende des Jahres wird Meiners & Euler wissen, ob die Viertagewoche in ihrer Kanzlei ein Modell mit Zukunft ist.

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