Anlass der Klage sei die feste Absicht der Bundesregierung, die Ergänzungsabgabe auch im Jahr 2020 von Bürgern und Betrieben weiter zu erheben, teilte der Bund der Steuerzahler (BdSt) am Donnerstag in Berlin mit. Die Klage wird von Rechtsanwalt Michael Sell vertreten, der bis zum vergangenen Herbst die Steuerabteilung im Bundesfinanzministeriums führte.
Sechseinhalb Jahre leitete Sell die Steuerabteilung, die meiste Zeit unter Wolfgang Schäuble (CDU), bevor Finanzminister Olaf Scholz (SPD) die Leitung im Oktober 2019 neu besetzte – und Sell in den einstweiligen Ruhestand schickte. Dort machte es sich der 60-Jährige allerdings nicht lange bequem, sondern schloss sich im Dezember der Kölner Kanzlei Seitz als of Counsel an.
Sells intime Kenntnisse des Poliktibetriebs dürften bei der aktuellen Klage hilfreich sein. Das „Handelsblatt“ hatte als erstes über die Klageabsicht beim Finanzgericht Nürnberg berichtet. In der Klageschrift heißt es demnach: „Dies bedeutet, dass der Solidaritätszuschlag nach 2020 nicht mehr der Finanzierung eines ohnehin nicht begründeten Sonderbedarfs des Bundes, sondern als zweite Einkommensteuer in Form einer sogenannten weiteren Reichensteuer außerhalb des Einkommensteuertarifs dienen soll.“ Die Beibehaltung der Sonderabgabe nach Auslaufen des Solidarpaktes sei ein „Form-Missbrauch des Solidaritätszuschlages als zweite Einkommensteuer“.
Der Steuerzahlerbund sieht diese Klage als Pilotprojekt, stellvertretend für alle Steuerzahler. Er will sie bis vor das Verfassungsgericht bringen. Das Finanzgericht Nürnberg konnte am Donnerstag zunächst aber noch keinen Eingang der Klage bestätigen.
Mit der Klage setzt der Steuerzahlerbund sich nach eigenen Angaben dafür ein, „dass die Politik ihr jahrzehntealtes Versprechen einlöst, den Zuschlag komplett abzuschaffen, wenn die Aufbauhilfen für Ostdeutschland enden“, heißt es in der Mitteilung. „Die Menschen müssen sich auf Zusagen der Politik verlassen können“, betonte Verbandspräsident Reiner Holznagel. Die Politik hat den Soli immer mit den Finanzhilfen für die neuen Länder verknüpft. Wenn diese zum Jahresende ausliefen, habe auch der Soli keine Legitimation mehr.
Das Gesetz von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht vor, dass der Soli ab 2021 für 90 Prozent der Steuerzahler wegfällt, der Rest soll ihn teilweise oder ganz weiterzahlen. Die Klage richtet sich nicht gegen dieses Gesetz, sondern gegen den Umstand, dass der Soli 2020 überhaupt noch erhoben werden soll. Daran gibt es juristische Zweifel, weil der Solidarpakt II Ende 2019 ausläuft. (Ulrike Barth; mit Material von dpa)