Luxemburg habe nicht gegen EU-Beihilferegeln verstoßen, teilte die EU-Kommission heute mit. „Unsere eingehende Untersuchung hat gezeigt, dass der Grund für die doppelte Nichtbesteuerung in diesem Fall eine Inkompatibilität zwischen dem luxemburgischen und dem US-amerikanischen Steuerrecht und nicht eine Sonderbehandlung durch Luxemburg ist“, erklärte die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager.
Zwar habe McDonald’s tatsächlich keine Steuern auf die Gewinne gezahlt „und so sollte es aus steuerlicher Sicht nicht sein“, so Vestager. Daher begrüße man, dass die luxemburgische Regierung nun legislative Schritte unternimmt, um „solche Situationen in Zukunft zu vermeiden.“
Geschickter Verschiebebahnhof
Die Tricks, wie man Steuerzahlungen in Europa umgeht, kennen viele US-Unternehmen. Meist läuft das über die geschickte Verschiebung von Lizenz-Rechten auf die US-Mutter. So auch bei McDonald´s in Luxemburg. McDonald’s Europe Franchising ist eine Tochtergesellschaft der McDonald’s Corporation mit Sitz in den USA. Im Jahr 2009 erwarb McDonald’s Europe eine Reihe von Franchise-Rechten der US-Mutter, die sie anschließend intern der US-Niederlassung des Unternehmens zuordnete. Infolgedessen erhält McDonald’s Europe von Franchisenehmern, die Fast-Food-Läden in Europa, der Ukraine und Russland betreiben, Lizenzgebühren für das Nutzungsrecht an der Marke McDonald’s. Zudem gründete McDonald’s Europe auch eine Schweizer Niederlassung, über die Lizenzzahlungen von Luxemburg an die US-Niederlassung des Unternehmens flossen.
Steuer-Wirrwar in Luxemburg
Im März 2009 entschied die Luxemburger Steuerbehörde erstmals in Sachen McDonald’s Europe Franchising. Und bestätigte: McDonald’s muss in Luxemburg keine Körperschaftsteuer zahlen, da die Gewinne in den Vereinigten Staaten steuerpflichtig seien. Grundlage dafür war das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Luxemburg und den USA. Nach der Entscheidung musste McDonald’s den Steuerbehörden aber jedes Jahr einen Nachweis erbringen, dass die über die Schweiz in die Vereinigten Staaten überführten Lizenzgebühren deklariert und in den Vereinigten Staaten und in der Schweiz besteuert worden waren. Darufhin gab es wiederum eingehende Gespräche zwischen den Behörden und dem Unternehmen. Der Standpunkt von McDonald’s: Die US-Niederlassung sei zwar keine „Betriebsstätte“ nach US-Steuerrecht, aber eine „Betriebsstätte“ nach luxemburgischem Steuerrecht. Daher bestand man darauf, dass die Lizenzeinnahmen nach luxemburgischem Körperschaftsteuerrecht von der Besteuerung ausgenommen werden. Die Luxembruger knickten schlielich ein und erließen im September 2009 ein zweites Tax Ruling, wonach McDonald’s Europe Franchising nicht mehr verpflichtet war, einen Nachweis zu erbringen, ob die Lizenzerträge in den USA besteuert wurden.
Der kritische Blick aus Brüssel
Die Kommission schaute sich diese kreative Auslegung des Steuerrechts im Dezember 2015 eingehend an – weil sie den Verdacht hegte, dass Luxemburg sein Doppelbesteuerungsabkommen mit den Vereinigten Staaten falsch angewandt haben könnte. Dabei ging es ihr vor allem um die Frage, ob nur ausgewählten Unternehmen bessere Konditionen zukamen.
Das sei nicht der Fall, entschied die EU-Kommission jetzt. Trotzdem bleibt ihr die doppelte Nichtbesteuerung ein Dorn im Auge. Daher begrüße sie den im Juni 2018 vorangetriebenen Gesetzentwurf zur Änderung des Steuerrechts in Luxemburg. Der Entwurf sieht unter anderem vor, die Bedingungen für die Feststellung des Bestehens einer Betriebsstätte nach luxemburgischem Recht zu stärken. Derzeit wird im luxemburgischen Parlament über den Gesetzentwurf diskutiert.
Der lange Arm der EU
Auch andere US-Konzerne sind wegen solcher Steuertricksereien im Visier der EU. Seit Juni 2013 prüft die Kommission besonders kritisch, ob die individuellen Tax Rulings der Mitgliedstaaten unerlaubte Beihilfen sein könnten. Und hat in anderen Fällen bereits abkassiert. Im Fall von Fiat bzw. Starbucks kam sie beispielsweise bereits im Oktober 2015 zu dem Schluss, dass Luxemburg und die Niederlande den Unternehmen ausgewählte Steuervorteile verschafft hatten. Daraufhin hatte Luxemburg 23,1 Millionen Euro von Fiat zurückgefordert, die Niederlande forderten 25,7 Millionen Euro von Starbucks zurück.
In Belgien wurden von insgesamt 35 Unternehmen rund 900 Millionen Euro zurückgefordert – knapp 90 Prozent der Beihilfen sind bereits wieder eingetrieben worden. Im August 2016 knüpfte sich die Kommission Apple vor, das in Irland unangemessene Steuervorteile genießen soll: 14,3 Milliarden Euro sollen die Steuerbehörde dort zurückholen.
Auch Amazon und Engie sollen in Luxemburg Steuervorteile genießen, die ihnen nicht zustehen. Seit Oktober 2017 fordert die Kommission daher die Rückzahlung von 262,7 Millionen Euro durch Amazon und 120 Millionen von Engie. Auch wegen der Steuerurteile der Niederlande zugunsten von Inter Ikea und multinationalen Unternehmen in Großbritannien wurden Untersuchungen eingeleitet.