Die institutionelle Steuerberatung von Finanzdienstleistern nimmt im Steuermarkt weiter an Bedeutung zu. Die Big Four dominieren zwar weiterhin den Markt, doch auch andere Einheiten drehen erfolgreich an ihrem Geschäftsmodell.
Die Big-Four-Gesellschaften sind in der institutionellen Steuerberatung von Finanzdienstleistern nach wie vor das Maß aller Dinge – bzw. zumindest drei von ihnen: KPMG, PricewaterhouseCoopers und EY bilden mit ihren großen und hochspezialisierten Teams ab, was eine umfassende Beratung von Banken, Versicherern sowie Fonds jeglicher Couleur braucht: Erklärungsgeschäft, Outsourcing-Projekte, Reporting und Transaktionen. Zum Teil übernehmen sie auch Strukturierungen. Das Gros dieses Geschäfts liegt aber bei anderen Playern im Markt, allen voran den Wirtschaftskanzleien. Doch auch bei spezialisierten Einheiten wie Poellath und Ypog, die auch das Tax Compliance-lastige Geschäft bedienen und damit wohl zu den umfangreichsten Beratern – zumindest im Bereich Asset Management – gehören, zählen Strukturierungen zum Alltagsgeschäft.
Dass Deloitte nach wie vor in dieser Aufzählung der führenden Einheiten fehlt, hat einen einfachen Grund: Ein Team, das sich ausschließlich auf Financial Services Tax-Themen kapriziert, existiert so bei der Big Four nicht. Sie fährt einen integrierten, disziplinenübergreifenden Ansatz. Die klassische Unternehmensberatung ist hier genauso Teil der steuerlichen (Prozess-)Beratung von Finanzdienstleistern wie auch speziell auf die Finanzindustrie zugeschnittene Teams für Verrechnungspreise. Die anderen Big Four gehen das Thema strategischer und wesentlich institutionalisierter an: Die Wege und die Kontakte in die Finanzbranche sind für sie entsprechend kürzer, das Marktrenommee höher.
Und so nimmt sich auch ein Teil des Verfolgerfelds zunehmend ein Beispiel an den scheinbar schier übermächtigen Marktführerinnen. Beispiel Grant Thornton: Unter der Ägide des erfahrenden und marktbekannten Dr. Marcus Helios hat es die Next Six in kurzer Zeit geschafft, ein veritables Team, dass sich ausschließlich um die Belange von Banken, Fonds und – mit noch leichten Abstrichen – Versicherern kümmert. Zwei Neuzugänge auf Partnerebene zeigen, wo die Reise hingehen soll: auf der einen Seite Stärkung des Compliance- und vor allem des wachsenden Outsourcing-Geschäfts von Banken, auf der anderen Seite ein stärkerer Fokus auf die Beratung speziell von AIFs – inklusive Strukturierung.
An der Spezialisierung haben auch andere Einheiten wie Baker Tilly gedreht. Zwar hat die Next Six in den vergangenen zwei Jahren vor allem durch Personalwechsel auf sich aufmerksam gemacht. Nachdem sich vor gut zwei Jahren die Doppelspitze des Teams von Baker Tilly in Richtung EY verabschiedet hatte, ist nun auch deren Nachfolger Bartosch Tomczyk nicht mehr dabei. Trotzdem hat es die Einheit geschafft, sich zu fokussieren und zu konsolidieren. Die erfahrene Nina Schulz, die Tomczyk beim Auf- und Ausbau der Einheit unterstützt hat, wurde Anfang des Jahres zur Partnerin ernannt und leitet nun die Gruppe. Sie kümmert sich auch um eine intensivere Vernetzung innerhalb des Baker Tilly-Netzwerks. Der Zugang von Christian Jacob reiht sich ebenso in diese Entwicklung ein: Er arbeitet an der Schnittstelle von Verrechnungspreisen und Finanzsteuern und besetzt damit ein Feld, das Baker Tilly so bislang noch nicht im Angebot hatte – und das im Markt zunehmend wichtiger wird.
Das haben auch andere Einheiten erkannt. Die Verzahnung steuerlicher Disziplinen wird gerade im Finanzsteuerbereich mehr als deutlich: Einheiten wie KPMG, PricewaterhouseCoopers und EY haben Umsatzsteuer- oder Verrechnungspreisexperten in ihren Reihen, die ausschließlich in der Finanzbranche tätig sind und sich mit den besonderen Gepflogenheiten auseinandersetzen. Gesellschaften mit weniger personeller Schlagkraft erhalten ihre Spezialkompetenzen aus den dafür vorgesehenen Praxisgruppen – BDO, aber auch WTS ziehen zu Spezialthemen Experten aus der Verrechnungspreis- oder eben Umsatzsteuergruppe hinzu, die normalerweise auch Industriemandate beraten. Diese Aufstellung funktioniert, solange es gut vernetzte Experten gibt, bei denen die Fäden zusammenlaufen. Dass RSM Ebner Stolz mit Marco Brinkmann genau eine solche Person nun an Wettbewerberin PricewaterhouseCoopers verloren hat, ist insofern ein Rückschlag. Der Steuerberater hat die Financial Services Tax-Einheit in den vergangenen Jahren auf- und ausgebaut, Kontakte geknüpft und bei Projekten sowie im laufenden Geschäft die entsprechenden Experten hinzugezogen. Der Verlust bedeutet nicht, dass die Next Six-Gesellschaft nun jeglichen Kontakt zu Banken und Versicherern verliert. Doch die institutionelle und stetige Beratung der Finanzbranche dürfte für die Beratungsgesellschaft nun zumindest schwieriger werden.