Kennen Sie den Witz von den beiden Steuerberatern im Altersheim? Fragt der eine, wie es denn so mit dem Sex beim anderen aussehe. Und der andere antwortet: „Sex ist immer noch schön, aber Weihnachten kommt öfter“.
Nun – den Witz kann man gut auf die öffentliche Hand umschreiben: „Umsatzsteuer zahlen ist immer noch wichtig; aber Weihnachten kommt öfter“. Denn wieder einmal verschiebt der Gesetzgeber die Umsetzung von § 2b Umsatzsteuergesetz nach Informationen von JUVE Steuermarkt um zwei Jahre. Der Paragraf würde bewirken, dass öffentliche Träger für nichthoheitliche Leistungen Mehrwertsteuer abführen müssen.
Laut dem Deutschen Städtetag bereitet das Bundesfinanzministerium eine erneute Verlängerung der optionalen Übergangsregelung vor. Das hätte zur Folge, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts noch bis einschließlich des Jahres 2024 das alte Umsatzsteuerrecht von vor 2017 einfach weiter anwenden können.
Das gilt auch für Universitäten und Forschungseinrichtungen: „Das ist eine hervorragende Nachricht für das Innovationsland Deutschland und eine Maßnahme, für die sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung innerhalb der Bundesregierung erfolgreich eingesetzt hat“, lobt die liberale Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger in einem Schreiben u.a. an die Hochschulrektorenkonferenz die erneute Verschiebung. Mit dem ebenfalls liberal geführten Bundesfinanzministerium sei man gemeinsam der Auffassung, „dass Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gerade in diesen Zeiten entlastet werden müssen und ihr Betrieb nicht gefährdet werden darf“.
Dabei hatten die öffentlichen Träger seit 2017 Zeit, sich auf die neue Gesetzgebung einzustellen. Brüssel hatte seinerzeit den deutschen Gesetzgeber aufgefordert, für Transparenz und Steuergerechtigkeit zu sorgen, wenn öffentliche Träger mit privaten Unternehmen konkurrieren und sich nicht hoheitlich betätigen. Also genau acht Mal kommt nun voraussichtlich Weihnachten öfter, bis sich die öffentliche Hand bequemt, das zu tun, wozu sie mit großer Freude und Elan Steuerpflichtige zwingt: nämlich Steuern zu bezahlen.
Problem der Staatsquote
Dass öffentliche Träger dabei im Duett Schützenhilfe von zwei FDP-Ministerien erhalten, verwundert zudem. Stand die Rückführung der Staatsquote, Privatisierung, Wettbewerb und Marktwirtschaft nicht einmal ganz oben auf der liberalen Agenda? In Bezug auf die Staatsquote hat das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW) gerade eine Studie veröffentlicht, wonach in den letzten zehn Jahren Anzahl und ökonomische Bedeutung von öffentlichen Unternehmen sehr stark gewachsen sind. Durch die konsequente Umsetzung von § 2b UStG würde zusätzlich sichtbar, wo der Staat sich darüber hinaus noch überall als „normales“ Unternehmen betätigt und sich dabei bisher einen Kostenvorteil im Vergleich zum freien Markt von 19 Prozent gönnt.
Vorwand Corona
Nun argumentieren öffentliche Träger in diesem Zusammenhang gerne mit der Corona-Krise. Der Bundesgesetzgeber hatte im Jahr 2015 den neuen § 2b in das Umsatzsteuergesetz eingefügt und dabei bereits eine äußerst generöse optionale fünfjährige Übergangsfrist vorgesehen, die am 31.12.2020 hätte enden sollen. Corona und Pandemie waren also auch schon bei der letzten Verlängerungsrunde im Jahr 2020 nur für denjenigen ein Thema, der bereits die ersten vier Jahre der Übergangsfrist bis zum Beginn der Pandemie untätig geblieben ist. Genau diese Untätigkeit wird nun weiter belohnt.
Diese Posse sendet ein obskures Signal: Man kann Steuerpflichtigkeit einfach aussitzen. Zumindest wenn man zum Staat gehört. Das ist ungefähr so, als ob sich der Weihnachtsmann selbst beschenkt. Da ist dann auch nie ein Stück Kohle im Sack. Ganz egal wie häufig Weihnachten kommt.