Internationale Steuerabteilungsleiterinnen im Interview

„Das deutsche System hat sich zum Exportschlager entwickelt“

Autor/en
  • Catrin Behlau

Internationale Steuerfragen beschäftigen Inhouse-Expertinnen rund um den Globus. Daniela Steierberg, Leiterin Corporate Tax & Customs bei Nordex, spricht darüber, wie sie das Thema Pillar II angeht, warum Streitvermeidung besser ist als Streitbeilegung und in welchen Fällen das deutsche Steuerrecht aus internationaler Sicht für Kopfschütteln sorgt.

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„My heart beats tax“ ist das Motto von Daniela Steierberg, Leiterin Corporate Tax & Customs bei Nordex in Hamburg: „Steuern bestimmen unser Leben, und Steuern im Unternehmensbereich sind nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, der im Rahmen der Deklaration nachzukommen ist, sondern auch ein kommerzieller Faktor, den zu vermitteln und zu steuern mir schon zu Beginn meiner Laufbahn eine Herzensangelegenheit war.“ Der Bereich Corporate Tax & Customs deckt die Bereiche International Tax, Indirect Tax, Transfer Pricing, Tax Reporting & Compliance sowie Tax Germany ab und ist in Hamburg mit Teams in Pamplona (Spanien) und Rostock angesiedelt. Begonnen hat Steierberg ihre Laufbahn bei PricewaterhouseCoopers (PwC) und Deloitte im National Tax Office, bevor sie zu DLA Piper in die Transaktionsberatung gewechselt bin. Nach einer weiteren Station bei Rödl & Partner in Hamburg im Bereich International Tax, leitete sie die Steuerfunktion eines mittelständischen deutschen Pharmakonzerns.

Was sind die drei Steuerarten, die Sie aktuell am meisten beschäftigen?
Als Leiterin Corporate Tax & Customs sind dies für uns aktuell Umsatzsteuern, Verrechnungspreise und Zoll. Wenn wir über reine Steuerbereiche sprechen, sind es insbesondere internationale Steuerthemen und die globalen Steuerinitiativen, denen wir im Moment hohe Aufmerksamkeit schenken.

Was sind Ihre Erfahrungen mit internationaler Streitbeilegung und -vermeidung?
Unser Ziel ist es, ein offenes und kooperatives Arbeitsklima mit den Behörden zu pflegen. Aber natürlich wollen wir auch eine Doppelbesteuerung vermeiden. Wir versuchen daher, schon zu einem frühen Zeitpunkt Rechtssicherheit zu bekommen und konzentrieren uns eher auf die Streitvermeidung als die Streitbeilegung. Meiner Erfahrung nach funktionieren Joint Audits in Europa sehr gut, da sie den Behörden helfen, eine gemeinsame Linie zu finden. Allerdings sind die rechtlichen Rahmenbedingungen (stärker) zu harmonisieren.

Mittel zur Streitbeilegung wie Mutual Agreement Procedures (MAP) müssen sich von einem Papiertiger zu einer wirklichen Hilfe entwickeln. Auch der EU-Mechanismus zur Beilegung von Steuerstreitigkeiten hat die Chance, zu einem zuverlässigen Instrument zu werden.

Ich erwarte, dass diese Instrumente mit der Implementierung der globalen Mindestbesteuerung (Pillar II) noch eine höhere Bedeutung bekommen werden, insbesondere in den ersten Jahren, in denen sich Streitvermeidungsinstrumente auf globaler Ebene erst noch entwickeln müssen.

Ist Pillar II für Ihr Unternehmen relevant und wie positionieren Sie sich dort aktuell? Sehen Sie sich eher als first mover oder follower?
Wir sehen uns als first follower. Es ist ein interdisziplinäres Projekt in enger Zusammenarbeit zwischen Steuern und Accounting unter der Führung der Steuerfunktion. Wir sehen hier auch eine starke Verbindung zu unserem S4/Hana-Projekt.

Wie begegnen Sie dem Fachkräftemangel?
Wir suchen nach Team-Playern mit einem hohen Level an Engagement und unternehmerischem Denken, das über die reine fachliche Spezialisierung hinausgeht. Wir bieten spannende Aufgaben in einem internationalen Team und eine offene Unternehmenskultur. Bei uns kann jeder die grüne Zukunft mitgestalten. Als Arbeitgeber bieten wir viele Freiheiten für neue Ideen. Unsere Team-Mitglieder arbeiten in einem breiten Spektrum an Aufgaben – wir unterstützen sie dabei mit Schulungen, Programmen zur Weiterentwicklung, einem kollegialen Umfeld und einer individuellen Karriereplanung.

Dieses Jahr findet der IFA-Kongress in Deutschland statt – was ist Ihre Sicht auf das deutsche Steuerrecht und welche Erfahrungen haben Sie mit dem deutschen Steuersystem gesammelt?
Ich schaue von innen auf das deutsche Steuerrecht. Aber wenn man den Blick auf die weltweiten Entwicklungen der letzten Jahrzehnte richtet, muss ich sagen, dass sich das deutsche System zum Exportschlager entwickelt hat. Deutsche Initiativen wie die Zinsschranke und die Mindestbesteuerung sind nun weltweit implementiert. Als ich meine berufliche Laufbahn begonnen habe, mussten wir die deutschen Regelungen im Inbound-Kontext erklären – heute sind diese internationaler Standard. Was international allerdings vielleicht immer noch ein bisschen als „typisch deutsch“ gilt, sind die Verwaltungsverfahren zur Doppelbesteuerungs- oder Richtlinien-Entlastung.

Das Interview ist Teil einer Serie und entstand in nicht-kommerzieller Kooperation mit Win@Ifa, der Frauenorganisation der International Fiscal Association. Die International Fiscal Association (Ifa) ist eine neutrale, unabhängige, nicht lobbyistische Organisation. Zweck der Ifa ist das Studium und die Förderung des internationalen und des vergleichenden Steuerrechts. Die Ifa verwirklicht ihren Zweck durch wissenschaftliche Forschung, die Veranstaltung von Kongressen und Seminaren und die Herausgabe von Studien. Derzeit gehören der Ifa weltweit mehr als 11.000 Mitglieder an, sowohl natürliche Personen als auch Unternehmen. In diesem Jahr findet der Ifa-Kongress Anfang September in Berlin statt.

Das Women in Ifa Network (Win) ist ein Netzwerk von Frauen innerhalb der Ifa, die im internationalen Steuerbereich tätig sind. Win Global und Win Germany fördern den fachlichen Austausch durch das Win Seminar und Win in Conversation und führen kulturelle Veranstaltungen durch, zum Beispiel die Win Reception, das Win Luncheon und die Win Lounge.

Please find the English version here.

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