Was war der größte technologische Wandel, den Sie in Ihrer Karriere erlebt haben?
Wo soll man da anfangen? Bei einer Präsentation zu technischen Innovationen wurde mir jüngst bewusst: Ich gehöre noch zur Generation „Wählscheibentelefon“. Für mich war das mobile Telefonieren der erste große technologische Umbruch. Vom Telefon mit Tasten über die Zeit, in der man nicht gleichzeitig telefonieren und im Internet surfen konnte (damals häufig gehört: „Geh mal aus dem Internet, ich muss telefonieren“), bis hin zu meinem ersten Mobiltelefon – ein Siemens S10 active mit „Farbdisplay“. Mit meinem Einstieg ins Berufsleben folgte der Ritterschlag: mein erster Blackberry. Schnell zeigte sich, dass er Fluch und Segen zugleich war. Dann kam das Smartphone: Telefon, Computer, Fotokamera, Musikbox, Fitnesstracker und Informationsquelle in einem und dabei so handlich, dass man es überall mitnehmen kann. Wenn man bedenkt, dass diese Entwicklung vom Wählscheibentelefon bis zum Smartphone nur wenige Jahrzehnte gedauert hat und wir jetzt mit KI in völlig neue Dimensionen aufbrechen, wirkt das fast surreal.
Wie gehen Sie mit Rückschlägen im Berufsleben um?
Rückschläge gehören zum Berufsleben dazu, auch wenn sie nicht die schönsten Erfahrungen sind und man sich natürlich immer wünscht, dass alles reibungslos läuft. Ich habe jedoch gelernt, dass gerade Rückschläge einen persönlich weiterbringen. Ein prägendes Beispiel aus meinem ersten Berufsjahr fällt mir sofort ein: Ich war neu auf einem anspruchsvollen Mandat und bin vertretungsweise zu einem Termin ins Ausland geflogen. Vorab war eigentlich klar, dass ich nur eine Beobachterrolle einnehmen sollte. Vor Ort saß ich dann vor einem „Tribunal“ aus sieben Männern, die mich zwei Stunden lang – teils sehr rüde – mit Fragen bombardierten, die ich nicht beantworten konnte. Ich erinnere mich gut daran, wie unangenehm mir die Situation war und wie hilflos ich mich gefühlt habe. Aber genau aus dieser Situation habe ich viel gelernt. Ich habe mir danach geschworen, dass ich nie wieder in eine solche Lage kommen würde, und habe gezielt Strategien entwickelt, um in vergleichbaren Situationen souverän zu reagieren. Seitdem habe ich mich nie wieder so vorführen lassen. Deswegen bin ich überzeugt davon, dass jede Erfahrung – gerade die unangenehmen – immer für etwas gut ist. Das hat mir übrigens schon meine Mutter als Weisheit mit auf den Weg gegeben..
Gab es ein bestimmtes Erlebnis, das Ihre Berufswahl nachhaltig beeinflusst hat?
Auf die Frage, wie ich zum Steuerrecht gekommen bin, antworte ich regelmäßig: „Ich habe das Steuerrecht mit der Muttermilch aufgesaugt“ – meine Eltern waren beide in der Finanzverwaltung tätig und so habe ich das Steuerrecht schon als Kind hautnah erlebt. Meinen „Berufskennenlerntag“ im Kindergarten verbrachte ich bereits im Finanzamt – und bekam dafür von einem Kollegen meines Vaters fünf D-Mark. Ich war damals unglaublich stolz. Steuerrecht war auch am Abendbrottisch ein Dauerthema, und um mitreden zu können, habe ich mich früh dafür interessiert.
Während des Abiturs habe ich natürlich überlegt, was ich danach machen möchte, und stand vor der Entscheidung zwischen den „Klassikern“ Jura und Medizin. Jura fand ich immer spannend und habe schon im Abitur die damals für Juristen empfohlenen Fächer belegt: Deutsch und Geschichte im Leistungskurs. Trotzdem habe ich den Medizinertest gemacht – das Ergebnis habe ich als klares Zeichen gewertet, dass die Medizin auf mich verzichten kann. Das hat mich bestärkt, Rechtsanwältin zu werden. Von Anfang an hatte ich vor, Steuerrecht als Schwerpunkt zu wählen, und mein Jurastudium an der Ruhr-Universität Bochum war dafür ideal, denn die steuerjuristische Fakultät dort war und ist hervorragend.