Das Urteil – und worum es geht:
Das Bundesverwaltungsgericht kommt in seinem Urteil vom 20. September (BVerwG 9 C 2.22 ) zu dem Ergebnis, dass die Erhebung einer kommunalen Wettbürosteuer nicht zulässig ist, weil sie den bundesrechtlich im Rennwett- und Lotteriegesetz geregelten Steuern (Rennwett- und Sportwettsteuer) gleichartig ist. Bei diesen Steuern handele es sich um spezielle Bundessteuern, so die Leipziger Richter, welche die Erhebung einer örtlichen Aufwandsteuer für denselben Gegenstand ausschließen. Das höchste deutsche Verwaltungsgericht hatte seine Entscheidung in diesem Revisionsverfahren zunächst aufgeschoben, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu der sogenannten Bettensteuer im März abzuwarten. 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass die kommunale Wettbürosteuer nicht anhand der Fläche von Wettbüros bemessen werden darf. Die betreffenden Kommunen hatten daraufhin die Bemessungsgrundlage verändert, wogegen Wettbürobetreiber erneut klagten.
JUVE Steuermarkt: Worum ging es in diesem Verfahren zur Wettbürosteuer?
Dr. Klaus Walpert: Die Wettbürosteuer ist eine Steuer, welche die Kommunen von den Betreibern von Wettbüros erheben. Wettbüros sind Wettvermittlungsstellen, in denen man über Monitore Wettereignisse mitverfolgen kann. Die Steuer beträgt im Fall der Stadt Dortmund, gegen die wir das Verfahren geführt haben, drei Prozent auf den Wetteinsatz. Neben den allgemeinen Steuern wie Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer mussten Wettbürobetreiber die Rennwettsteuer oder Sportwettsteuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz bezahlen und dann auch noch die kommunale Wettbürosteuer. Sowohl die Rennwett- und Sportwettsteuer als auch die Wettbürosteuer greifen auf Bruttogrößen zu, nämlich auf den Wetteinsatz. Die Argumentation hat sich deshalb vor allem dagegen gerichtet, dass wir hier eine Doppelbesteuerung haben. Wir haben bisher nur die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes, welche dieser Argumentation folgt. Die schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus.
Aber eine Doppelbesteuerung ist ja nicht per se unzulässig.
Das stimmt, nach unserer Verfassung gibt es kein allgemeines Verbot der Doppelbesteuerung. Es ist durchaus möglich, dass derselbe Vorgang mehrfach besteuert wird. Aber es gibt den Artikel 105 Absatz 2a GG, der besagt, dass die Länder und die Kommunen örtliche Aufwand- und Verbrauchsteuern nur dann erheben dürfen, wenn diese Steuern nicht Bundessteuern gleichartig sind. Und um diese Gleichartigkeit ging es eben hier. Darauf hat das Bundesverwaltungsgericht sein Urteil gestützt und erkannt, dass die Gleichartigkeit gegeben ist.
Welche Bedeutung hat dieses Urteil steuerlich gesehen?
Das Bundesverwaltungsgericht betritt mit diesem Urteil in gewisser Art und Weise Neuland. Ich kann mich nicht erinnern, dass schon einmal eine kommunale Steuer wegen Gleichartigkeit zu einer Bundessteuer für unzulässig erklärt worden ist. Auf der einen Seite steht das Steuerfindungsrecht der Gemeinden, auf der anderen Seite haben wir den föderalen Aufbau im Grundgesetz. Mit dem Urteil zur Bettensteuer hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Umsatzsteuer die Kommunen in ihrem Steuerfindungsrecht nicht sperrt. Aber es ist noch nicht entschieden worden, wie dies mit speziellen Steuern des Bundes aussieht. Eine Feststellung dazu trifft jetzt erstmals das Bundesverwaltungsgericht.
Sie waren in dieser Frage aber nicht zum ersten Mal vor dem Bundesverwaltungsgericht?
Wir sind hier eigentlich in der zweiten Runde: Das Bundesverwaltungsgericht hatte bereits 2017 festgestellt, dass die Wettbürosteuer unzulässig ist. Diese Feststellung gab es damals aber nur wegen der Bemessungsgrundlage. Bemessungsgrundlage war ursprünglich in den meisten Fällen die Fläche des Wettbüros. Das hat das Bundesverwaltungsgericht aber als unzulässig erklärt und entschieden, dass die Bemessungsgrundlage für eine solche Steuer den Aufwand des Wetters realitätsgerecht abbilden muss. Zugrundzulegen ist also der Wetteinsatz.
Weshalb?
Die Wettbürosteuer ist ihrem Wesen nach eine Vergnügungssteuer. Bei Vergnügungsteuern gilt der sogenannte Wirklichkeitsmaßstab: Wenn man eine Vergnügungsteuer erhebt, muss man sich am Aufwand dessen orientieren, der sich da vergnügt. Und der Aufwand des Wetters dokumentiert sich eben in seinem Wetteinsatz. Es gibt keinen sachgerechten Grund, statt des Wetteinsatzes die Größe des Wettbüros zugrunde zu legen. In anderen Bundesländern, Bremen zum Beispiel, hat man statt der Fläche die Anzahl der Bildschirme zugrunde gelegt. Das dürfte auch unzulässig sein. Man muss eben eine sachgerechte Bemessungsgrundlage haben.
Wie haben die Kommunen auf das Urteil von 2017 reagiert?
Dortmund, wie viele andere Gemeinden auch, hat nach dem damaligen Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes die Bemessungsgrundlage geändert auf die Besteuerung des Wetteinsatzes. Dann war man, was man bei den Kommunen damals leider nicht erkannt hat, schon bei der Gleichartigkeit zur Rennwett- und Sportwettsteuer, die ebenfalls den Wetteinsatz besteuert. Die Gleichartigkeit hätte man daher eigentlich schon 2017 erkennen können.