JUVE Steuermarkt: Sie haben sich als Beratungsgesellschaft in den vergangenen sechs Jahren personell nahezu verdoppelt. Was hat zu diesem starken Wachstum geführt?
Stefan Lütke: Wir arbeiten schon seit Jahren daran, uns von der generalistischen Beratung hin zur steuerfachlichen Spezialberatung zu bewegen und haben uns dazu mit Beraterinnen und Beratern aus dem Umsatzsteuerbereich und dem Umwandlungssteuerrecht mit Big-Four-Vergangenheit verstärkt, die wiederum eigene Teams aufgebaut haben. Das macht uns gegenüber Mandanten und Kooperationspartnern attraktiv.
Sie haben sich im April an der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei Hatosch Kießkalt beteiligt – wieso eine Kanzlei im gerade mal 70 Kilometer entfernten Amberg?
Mattias Bahmann: Hatosch Kießkalt ist als eine der ältesten Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzleien in Amberg und als Datev-Gründungsmitglied sehr gut beim regionalen Mittelstand positioniert. Indem wir unsere beiden Einheiten zusammenführen, gewinnen wir einerseits mehr personelle Schlagkraft und andererseits einen weiteren Standort in einer wirtschaftsstarken Region.
Strategisch hat HLB seine Präsenz zuletzt vor allem im ostbayrischen Raum und in Süddeutschland verstärkt – was macht diese Region so attraktiv?
Lütke: Die Oberpfalz ist eine Wachstumsregion mit vielen Hidden Champions. Das sind wahre Highlightmandanten. In diesem Bereich wollen wir wachsen, indem wir unsere Kompetenz mit den vor Ort vernetzten guten Namen kombinieren, zumal die anderen großen Player und auch die Big-Four-Gesellschaften die Region gar nicht im Blick haben. Regensburg zum Beispiel wurde bisher eher stiefmütterlich behandelt und genau hier tun sich Räume für mittelständische Kanzleien auf.
Wie unterscheiden Sie sich als lokale Einheit mit Sitz in Nürnberg von Ihren Wettbewerbern?
Bahmann: Nürnberg ist mit seiner Lage zwischen München und Frankfurt insofern ein Spezialgebiet, als dass die großen Steuer- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften hier nicht vollumfänglich vor Ort tätig sind, sondern teilweise versuchen, regionale Mandanten aus den großen Städten heraus zu betreuen. Das ist aber nur bedingt erfolgreich, denn unsere Kunden – darunter viele inhabergeführte Unternehmen – wollen auch vor Ort einen regional verwurzelten Steuerpartner auf Augenhöhe haben. Wir sind als Kanzlei fest in der Region verankert und können die Nähe eines lokalen Ansprechpartners gewährleisten.
Für den inhabergeführten Mittelstand gewinnt vor allem die steuerfachliche Spezialberatung zunehmend an Bedeutung. HLB setzt dafür auf eine Mischung aus Teilzukäufen und Kooperation. Welche Vorteile bringt insbesondere letzteres mit sich?
Lütke: Dahinter steht ein mittelständischer Netzwerkgedanke. Jede Kanzlei hat ja Schwerpunkte, Stärken und Schwächen und derlei Kooperationen gleichen Schwächen im Wettbewerb mit den ganz großen Playern aus, die es sich leisten können, alles inhouse zu haben. Wir arbeiten mit unseren Kooperationspartnern gemeinsam auf Mandaten und unterstützen uns gegenseitig, indem wir unser Know-how wechselseitig einbringen. Damit kommen wir einerseits der Forderung des Marktes nach mehr Spezialisierung nach und können andererseits unseren mittelständisch geprägten, inhabergeführten Unternehmen Beratung aus einer Hand anbieten.
Können Sie ein Beispiel geben, wie eine solche Zusammenarbeit in der Praxis aussieht?
Bahmann: Mit unserem Umsatzsteuerteam, dem Umwandlungssteuerteam und einem Nachfolgeteam verfügen wir selbst über Steuerberater und Assistenten mit hohem fachlichen Know-how, die diese Themen bearbeiten und das entsprechende Wissen mitbringen. Bei IT-Themen wie Datenaustausch, Shopanbindungen oder auch Tax Compliance-Systemen greifen wir wiederum auf das Know-how unseres neuen Kooperationspartners MSW Partners zu, der sehr stark in der Start-up-Beratung ist. Derlei Kooperationen haben den Vorteil, dass man bei schwierigen Themen nur Teilaufträge übernehmen kann und etwa nur die umsatzsteuerliche Beratung oder Betriebsprüfung leistet. Ein anderes Beispiel für eine gelungene Kooperation ist die langjährige Zusammenarbeit mit der Regensburger Kanzlei WW+KN. Diese macht sehr viel Inbound-Geschäft, wohingegen unser Fokus eher das Outbound-Geschäft ist, sodass wir uns die Mandate hier regelmäßig gegenseitig vermitteln.