Neuer KPMG-Vorstand Steuern

„Was sollen General Counsel, CFO oder CEO damit anfangen?“

Zum Oktober steigt Mathias Oberndörfer zum Vorstand bei KPMG auf und ist dort zuständig für die Sparte Steuern und Recht. Im Interview mit JUVE Steuermarkt spricht der 48-Jährige über die Vorteile der multidisziplinären Aufstellung, die Beschränkungen durch das FISG und was die Steuer- von der Rechtsberatung lernen kann.

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Mathias Oberndörfer

JUVE Steuermarkt: In einem kürzlich erschienenen Thesenpapier beschwören Sie die Vorteile für Mandant und Kanzlei, wenn Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Rechtsberatung aus einer Hand angeboten werden. Das machen Sie doch schon seit 15 Jahren. Was hat sich nun geändert?

Mathias Oberndörfer: Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft gibt es seit 2007. Zusammen mit dem Leistungsangebot der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG AG) können wir Mandanten mittlerweile ein rundes, abgestimmtes Service-Portfolio anbieten.

Was meinen Sie damit?
Am Anfang steht jeweils eine Kundenherausforderung. Die hat in der Regel eine Management-Komponente, oft eine steuerliche und eben auch eine rechtliche und eine IT-Komponente. Diese Herausforderungen kann man aus einer Hand lösen, sodass der Mandant keine Schnittstellen überwachen muss und vielleicht auch einen guten Preis verhandeln kann. Zudem hat er nur einen Ansprechpartner. Sein zusätzlicher Vorteil: Das Geschäft von KPMG ist insgesamt auf Reputation aufgebaut, wir stehen für Qualität, Verlässlichkeit und Integrität in all unseren Dienstleistungen.

Für welche Art von Unternehmen oder Institutionen sehen Sie den multi­disziplinären Ansatz als besonders geeignet an?
Es ist für alle Unternehmen und die öffentliche Hand von Interesse, nicht überlegen zu müssen: Brauche ich für mein Problem jetzt noch einen Steuerberater oder einen Anwalt oder einen Unternehmensberater? Wenn Sie sich die aktuellen Fragen anschauen, wie etwa das sogenannte Lieferkettengesetz und erhöhte Compliance-Anforderungen, macht es doch wenig Sinn, dass der Mandant mit Disclaimern befeuert wird, die sagen: Die steuerliche Situation haben wir uns nicht angeschaut und ob es wirtschaftlich Sinn macht, müssen Sie auch selbst entscheiden. Was sollen der General Counsel, der CFO oder der CEO damit anfangen? Da ist es doch komfortabler, jemanden an Bord zu nehmen, der auf allen Feldern ein kompetenter und verlässlicher Sparringspartner ist.

Das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) verschärft nun die Trennung von Prüfung und Beratung. Das schränkt die Handlungsmöglichkeiten der multidisziplinären Aufstellung doch eher ein?
Aus meiner Sicht nicht. Das FISG verbietet künftig jegliche Erbringung von Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen für Public Interest Entities (PIEs), also kapitalmarktorientierte Unternehmen; bislang waren diese Leistungen in beschränktem Umfang auch für Prüfungsmandanten zulässig. Ansonsten ändert sich im Hinblick auf die Trennung von Prüfung und Beratung die Rechtslage nicht, und damit bleiben auch Rechtsdienstleistungen, wenn sie nicht Steuerstrafrecht umfassen, im bisherigen Umfang zulässig. Das schließt also unser Modell nicht aus, wenn man einmal von der Steuerberatung für den Kreis der kapitalmarktorientierten Prüfungsmandanten absieht.

Selbst wenn Sie noch 70 Prozent des Prüfungshonorars in der Rechtsberatung erbringen dürften: Ist das Reputationsrisiko bei gleichzeitiger Prüfung und Beratung nicht zu groß?
Die ganzheitliche Beratung von Unternehmen in den schon früher gezogenen Grenzen ist sinnvoll, wenn es zum Beispiel gilt, ein Compliance-System à jour zu halten. Ressourcenplanungs­systeme, an denen häufig auch die ganze Rechts- und Steuerfunktion hängt, verlagern sich zunehmend in die Cloud. Hier sind wir sehr gut positioniert, denn solche Leistungen können multidisziplinäre Zusammenschlüsse besser erbringen als etwa Anwaltskanzleien allein.

Das mag sein, beantwortet aber die Frage nach der Reputation nicht. Nach jüngsten Meldungen hat EY Law bei Wirecard viele Zukäufe in Asien beraten und EY war bei Wirecard ja auch Prüfer. Das hilft nicht gerade, oder?
KPMG hat in diesen ganzen Prozessen ein mehrschichtiges Prüfungsverfahren. Erstmal wird geprüft, ob eine rechtliche Beratung überhaupt zulässig ist, inklusive Conflict Checks. Dann wird geschaut, ob ein Mandat wirtschaftlich interessant ist. Und danach blicken wir sehr intensiv auf das Reputationsthema, auch mit der Unterstützung von IT-Systemen. Da sind wir als KPMG sehr, sehr strikt.

Zum kommenden Geschäftsjahr ziehen Sie in den Gesamtvorstand der KPMG AG als Vorstand Tax ein. Traditionell nimmt dieses Amt ein Steuer­be­rater wahr, Sie aber sind Rechts­anwalt. Ist das eine Zeitenwende bei KPMG?
Das müssen andere sagen. Mich hat es sehr gefreut. Ich habe ja ursprünglich in der Steuerabteilung von KPMG angefangen und dort auch meine Erfahrungen gesammelt. Ich freue mich auf meine neue Rolle und darauf, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen dafür zu arbeiten, nachhaltig und profitabel zu wachsen.

Gibt es Dinge, die Sie im Vorstand anders angehen wollen als Ihr Vorgänger Frank Grube?
Frank Grube hat seinen Bereich erfolgreich geführt und den Grundstein gelegt. Mir ist sehr wichtig, darauf aufzubauen, indem wir unseren Fokus auf die Sektoren, also das Branchen-Know-how, verstärken. Das heißt, unsere Dienstleistungen um die Herausforderungen unserer Kunden aus dem je­weiligen Branchenkontext herum zu gruppieren. Das haben wir bei KPMG Law konsequent und von Anfang an so gemacht.

Was heißt das konkret?
Mit Übernahme meiner Geschäftsführungstätigkeit bei KPMG Law haben wir die Praxisgruppen bei KPMG Law aufgelöst und uns wie bei der KPMG AG in sogenannte Solution Lines aufgestellt, zum Beispiel in Financial Services, Corporate oder Public Services. Die einzige Ausnahme sind Transaktionen, die KPMG Law in der Solution Line Legal Deal Advisory abbildet. Entscheidend ist letztlich doch, was der Mandant will. Wir wollen ihm nicht nur ein Stück Gesellschaftsrecht, ein Stück Arbeitsrecht und ein Stück Steuerrecht anbieten, sondern KPMG Law und die KPMG AG stehen ihm zu­künftig gemeinsam bei all seinen täglichen, aber auch strategischen Heraus­forderungen zur Seite. Das hat bei KPMG Law wunderbar funktioniert. Auch Tax hat unter Frank Grube und Marko Gründig schon in diese Richtung gedacht.

Wie?
Das können Sie zum Beispiel daran sehen, dass die KPMG AG jetzt auch bei Tax eine Gruppe hat, die sich nur mit dem Public Sector beschäftigt. Mein Ziel ist das Hinführen zu klaren Kundenclustern, die man – soweit rechtlich möglich – mit allen benötigten Professional Services versorgt. Mir ist vor allem wichtig, dass insbesondere der Bereich Tax von KPMG und die KPMG Law künftig sehr eng marschieren, was Lösungen und was Kundenansprache betrifft.

Das klingt ein bisschen nach der Richtung, die Tax unter dem Bereichs­vorstand Marko Gründig schon eingeschlagen hat, nämlich weg von regionalen Fürstentümern hin zu verschiedenen Service Lines. Wobei diese dann aber doch eher den Praxisgruppen entsprechen, die Sie ja in Law abgeschafft haben …
Da gibt es in der Tat keinen Dissens. Die Service-Line-Struktur, die Frank Grube und Marko Gründig eingeführt haben, ist richtig und die Basis für die künftige Weiterentwicklung in Richtung Kunden- und Branchenfokus. Wir blicken jedoch sehr stark auch auf regionale Märkte und haben viele Büros auch an kleineren Standorten eröffnet. KPMG ist eine Big-Four-Gesellschaft, die Büros nicht schließt, sondern weitere eröffnet. Daher müssen wir unterscheiden: Im Bereich Tax sind wir nach Service Lines aufgestellt, also Indirect Tax, Corporate Tax, Global Mobility Services, Global Transfer Pricing Services, International Transaction Tax, Tax Transformation und künftig eben auch Public Sector Tax, wo wir dann schon auf eine spezifische Kundengruppe eingehen. So organisieren wir unsere Dienstleistungen. Daneben müssen wir die Marktansprache im Blick haben: Diese ist bei Großunternehmen sicher nicht regional, aber bei anderen Unternehmen, vor allem aus dem Mittelstand, schon. Leute aus dem Bodenseekreis möchten nicht aus Hamburg beraten werden, sondern gerne von jemandem, der spricht wie jemand vom Bodenseekreis. Für mich sind Mittelständler in den Regionen für unsere Strategie von großer Bedeutung.

Bei Tax sind durch die Entmachtung der Regionen starke Regionalleiter wie Matthias Helke in Stuttgart oder Lars Behrendt in Hamburg zur Konkurrenz gewechselt. War das im Sinne des Erfinders?
Solche Wechsel beruhen immer auf individuellen Gründen, die ich nicht beurteilen kann. Mir ist wichtig, dass wir uns auf unsere Kunden konzentrieren, das heißt noch stärker Industrie- und Branchen-Know-how in den Mittelpunkt zu stellen. Als Leiter des Segments Public Sector habe ich die KPMG-Services Consulting-, Tax- und Deal Advisory mit Leistungen der KPMG Law koordiniert. Und in diesem Bereich wachsen wir auch sehr stark in diesem Jahr, nicht zuletzt, weil wir den Staat bei vielen Themen rund um die Corona-Pandemie unterstützen. Ich will, dass wir nicht nur über unsere hohe Fachkompetenz, sondern auch unser Branchen-Know-how die erste Wahl für unsere Kunden sind. Das ist eine Reise, die wir aber schon erfolgreich begonnen haben unter Marko Gründig und Frank Grube.

Wird es künftig noch einen eigenen Bereichsvorstand Public Sector geben, wenn die Public-Sector-Beratung nun auch in Tax integriert wird und Sie in den Vorstand von KPMG einziehen?
Ja. Das wird mein Kollege Torsten Kaiser aus dem Consulting übernehmen. Bei KPMG Law übernimmt die Funktion des Managing Partners künftig meine Kollege Konstantin von Busekist.

Angesichts der einträchtigen Strategie, die Sie hier beschreiben, wird Marko Gründig sicher auch Bereichsvorstand Tax bleiben.
Absolut. Marko und ich kennen uns schon lange und arbeiten auch schon lange hervorragend zusammen. Er kommt aus München, ich aus Nürnberg, das war damals eine Steuerregion.

Das Gespräch führte Jörn Poppelbaum.

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