Grundsteuerreform

Reform unter Druck: Bundesländer ringen um Grundsteuer

Knapp 9 Monate vor Inkrafttreten der neuen Grundsteuer schlagen der NRW-Finanzminister und seine Amtskollegin in Rheinland-Pfalz eine Öffnungsklausel für mehr Flexibilität bei Grundsteuerhebesätzen vor. Derweil beschäftigt sich auch der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Grundsteuerreform.

Teilen Sie unseren Beitrag

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) hat in der vergangenen Woche gemeinsam mit seiner rheinland-pfälzischen Kollegin Doris Ahnen (SPD) eine Anpassung des Gesetzes auf Bundesebene vorgeschlagen. Kern des Vorschlags ist die Schaffung einer Öffnungsklausel, um mehr Freiheiten bei der Festlegung der Hebesätze für Wohn- und Gewerbegrundstücke zu ermöglichen. Die Kommunen begrüßten diesen Vorstoß, sahen aber die Gefahr, dass eine Umstellung der EDV-Systeme in der Kürze der Zeit nicht mehr möglich sein könnte. Unklar ist auch die Rechtssicherheit einer Öffnungsklausel. 

Der Stadtstaat Berlin nimmt eine proaktive Rolle ein und passt seine Grundsteuerstrategie bereits im Vorfeld der Reform an, um eine unverhältnismäßige Belastung der Bürger zu vermeiden. Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hat eine Senkung des Hebesatzes sowie eine Anpassung der Steuermesszahlen angekündigt, um die befürchtete Verteuerung des Wohnens durch die Reform zu verhindern. Zudem wurde eine Härtefallregelung für selbstgenutzte Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke eingerichtet.

Oppositionelle Kritik und Herausforderungen in anderen Ländern

Die Opposition kritisiert die nordrhein-westfälische Regierungskoalition aus CDU und Grünen jedoch für ihr vermeintlich spätes Eingreifen. Insbesondere die FDP wirft dem schwarz-grünen Bündnis vor, die Notwendigkeit einer landeseigenen Anpassung der Grundsteuererhebung lange ignoriert und stattdessen auf ein bundeseinheitliches Modell gesetzt zu haben. Diese Kritik mündet in dem Vorwurf, die Landesregierung vollziehe nun unter Zeitdruck eine Kehrtwende, die die Kommunen unvorbereitet treffe und ihnen „den schwarz-grünen Scherbenhaufen vor die Tür kippe“. FDP-Fraktionschef Henning Höne bezeichnete die späte Reaktion der Regierung als „grottenschlechte Politik“, die zu Lasten der Städte, Gemeinden und der Menschen in NRW gehe.

Andere Bundesländer wie Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz sehen derweil eigene Herausforderungen bei der Umsetzung der Reform. Sachsen-Anhalt hat mit Erinnerungsschreiben eine höhere Rücklaufquote bei den Grundsteuererklärungen erreicht. Derweil steht Rheinland-Pfalz mit fast 227.000 fehlenden Grundsteuererklärungen und 320.000 Einsprüchen aus dem Jahr 2023 vor großen Herausforderungen bei der Reformumsetzung. 

Rheinland-Pfalz wird wie auch Nordrhein-Westfalen, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen dem Bundesmodell folgen. Das Saarland und Sachsen folgen dem Modell ebenfalls, weichen jedoch bei der Höhe der Steuermesszahlen ab. Die übrigen Bundesländer haben eigene Gesetze erlassen. 

Rechtliche Unsicherheiten in Rheinland-Pfalz

Das rheinland-pfälzische Finanzgericht hat indes erhebliche Bedenken gegen die Neuregelung geäußert und zwei besonders strittige Fälle zur weiteren Prüfung an den BFH weitergeleitet (Az. 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23). Die Richter stellten vor allem die Rechtmäßigkeit der in die Bewertung eingeflossenen Bodenrichtwerte in Frage. Zudem bemängelten sie, dass den Steuerpflichtigen keine Möglichkeit eingeräumt wird, einen niedrigeren Wert ihres Grundstücks als den typisierten Bodenrichtwert nachzuweisen.

BFH-Präsident Hans-Josef Thesling hatte auf der Jahrespressekonferenz des Gerichts im Februar Entscheidungen im Mai oder Juni in Aussicht gestellt.

Hintergrund der Reform

Die Notwendigkeit einer Reform der Grundsteuer in Deutschland ergibt sich aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018, das die bis dahin geltenden Regelungen als verfassungswidrig einstufte. Das Gericht bemängelte insbesondere, dass die Bewertungsgrundlagen für Grundstücke und Immobilien veraltet seien und somit eine gerechte Verteilung der Steuerlast nicht mehr gewährleistet werden könne. 

Um dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen und eine gerechtere, marktwertnähere Besteuerung von Grundbesitz zu ermöglichen, musste der gesamte Grundbesitz in Deutschland neu bewertet werden. Diese Neubewertung soll ab 2025 gelten und erfordert eine umfassende Novellierung des Grundsteuergesetzes auf Bundesebene.

Die Reform soll sicherstellen, dass die Grundsteuer, eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen, auf einer aktuellen und gerechten Bewertungsbasis erhoben wird. Ziel ist es außerdem, einen Ausgleich zwischen der notwendigen Finanzierung kommunaler Leistungen und der Vermeidung übermäßiger Belastungen für Grundstückseigentümer und Mieter zu finden. (mit Material von dpa)

Artikel teilen

Gerne dürfen Sie unseren Artikel auf Ihrer Website und/oder auf Social Media zitieren und mit unserem Originaltext verlinken. Der Teaser auf Ihrer Seite darf die Überschrift und den ersten Absatz des Haupttextes enthalten. Weitere Rahmenbedingungen der Nutzung unserer Inhalte auf Ihrer Website entnehmen Sie bitte den AGB.

Für die Übernahme von Artikeln in Pressespiegel erhalten Sie die erforderlichen Nutzungsrechte über die PMG Presse-Monitor GmbH, Berlin. Telefon: 030/284930 oder www.presse-monitor.de.

Lesen sie mehr zum Thema