Hintergrund Digitale Betriebsprüfung

„Für die Betriebsprüfung sind neue Technologien wichtig“

Die Digitalisierung der Finanzverwaltung und Betriebsprüfung läuft laut Aussage vieler Steuerpflichtiger und Berater zu schleppend. Dabei hat sich diesbezüglich einiges getan, meint Gregor Danielmeyer. Mit JUVE Steuermarkt sprach der Diplom-Finanzwirt in nicht-dienstlicher Eigenschaft über sich ändernde Leistungsbeziehungen und neue Berufsbilder und die damit notwendige Öffnung zu mehr Technologie.

von Daniel Lehmann

Gregor Danielmeyer

  • Der Dipl. Finanzwirt war jahrelang Betriebsprüfer. Dort hat er sich auf die Prüfung bargeldintensiver Branchen und die Vorsystemprüfung spezialisiert.
  • Anschließend war er als hauptamtlicher Fortbilder in der Oberfinanzdirektion NRW tätig. Zu seinem Themengebiet zählten neben steuerrechtlichen Vorträgen die Ausbildung neuer Fallstudientrainer und die Gestaltung der Kommunikationstrainings für den Außenprüfungsbereich.
  • Aktuell ist er im Betriebsprüfungsreferat u. a. für die Prüfungstechniken der Außendienste zuständig. Er ist Gastdozent an der Bundesfinanzakademie (BFA) in Berlin und Brühl.

JUVE Steuermarkt: Herr Danielmeyer, wie schätzen Sie die Digitalisierung der Betriebsprüfung ein?
Gregor Danielmeyer: Die digitale Betriebsprüfung unterliegt einem ständigen Wandel. Bereits seit dem Jahr 2002 werden Buchführungsdaten mittels herstellerspezifischer Schnittstelle für die Außenprüfung zur Verfügung gestellt. Waren es Anfang der 2000er Jahre noch 1.000 Datensätze pro Jahr, sind es heutzutage in der Regel mehrere Hunderttausend oder gar Millionen, die zu prüfen sind. Hinzu kommt, dass die Ursprungsaufzeichnungen heutzutage vielfach mit Datenverarbeitungssystemen (DV-Systeme) aufgezeichnet werden, die oftmals nicht im Fokus des Steuerpflichtigen stehen.

Gregor Danielmeyer

Zum Beispiel?
Zum Beispiel Applikationen (Apps) auf dem Smartphone, Messenger-Nachrichten, die häufig als Handels- und Geschäftsbriefe zu qualifizieren sind. Transaktionen auf der Blockchain oder moderne Kassensysteme führen dazu, dass es oft schon an der qualifizierten Aufzeichnung oder Nachvollziehbarkeit mangelt.

Die Betriebsprüfung muss bei diesen Entwicklungen ja mitgehen – oder diese zumindest auf dem Schirm haben?
Das ist richtig. Wichtig ist meines Erachtens das Einlassen und Entdecken neuer Technologien und Berufe seitens der Betriebsprüfung. Wir müssen uns die Frage stellen: Wo liegt heutzutage das Steuerausfallrisiko? Im bargeldintensiven Bereich? Oder eher dort, wo digital agierende Steuerpflichtige tätig sind? Es ist nicht verwunderlich, dass 2023 das Plattformensteuertransparenzgesetz eingeführt wurde, um Lieferungen und Leistungen im Internet sichtbar und lokalisierbar zu machen. Zudem ist es elementar, sich mit neuen Berufsbildern wie dem des Influencers auseinanderzusetzen. Die verdienen mit Postings von Essen oder Lifestyleprodukten Geld.

Die wirtschaftlichen Leistungsbeziehungen haben sich also geändert?
Zum Teil. Wie sehen diese heutzutage aus? Da sprechen wir zunehmend von Sachwerten statt Geld. Oder die Bezahlung in Kryptowährungen als weiteres Beispiel. Das in der Praxis zu prüfen, erfordert technisches und wirtschaftliches Verständnis. Und natürlich bedarf es automatisierter Softwarelösungen, die es der prüfenden Person einfach machen, in die Sachverhaltsaufklärung oder Prozessprüfung zu gehen und die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen oder Buchführung zu bestätigen.

Was bedeutet das für die Berater?
Bei der digitalen Betriebsprüfung ist der Austausch des Steuerpflichtigen mit dem Steuerberater auf Augenhöhe notwendig, um über denselben Sachverhalt zu sprechen. In früheren Jahren waren eingesetzte DV-Systeme stark fehleranfällig. Studien aus den 2010ern besagen, dass bis zu 50 Prozent aller programmierten Schnittstellen in den Systemen fehlerhaft waren. Das bedeutet, dass jeder zweite Bilanzpostenansatz fehlerhaft sein könnte – etwas überspitzt formuliert. Das hat sich verbessert, vor allem im Hinblick auf die E-Rechnung und dem vermehrten Einsatz von Faktura-Software sowie Dokumentenmanagementsystemen.

Der E-Rechnung scheinen alle – ob Berater oder Finanzbeamter – sehnsüchtig entgegenzufiebern. Was ändert sich dadurch?
Zukünftig wird sich die digitale Betriebsprüfung sicherlich vermehrt den transaktionsbezogenen Einzelaufzeichnungen widmen, die durch die Einführung der E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich seit 2025 in den Fokus der Außenprüfung rücken werden. Hier gilt es, den passenden Spagat zwischen Sachverhalts- und Prozessprüfung zu finden. Durch die zunehmende Bedeutung und den Einsatz von Steuerkontrollsystemen wird es nicht mehr erforderlich sein, bei jedem Steuerpflichtigen in die Einzelsachverhaltsprüfung einzusteigen.

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