Jahressteuergesetz 2022

„Für Unternehmen gibt das Gesetz nichts her“

Autor/en
  • Götz Kümmerle

Welche Veränderungen bringt das Jahressteuergesetz 2022 mit sich? Vor allem im Kriegs- und Krisenjahr richten sich viele Augen auf das jährlich herauskommende Sammelgesetz. Viel Kritik kam nach der Bekanntmachung des Referentenentwurfs im Juli auf. Was sich im Regierungsentwurf Mitte September geändert hat und wieso der Fiskus nun die umstrittenen Registerfälle abgeschafft hat, erklärt Roland Graf, Partner der Münchner Steuer- und Rechtsboutique Peters Schönberger & Partner, im JUVE Steuermarkt-Interview.

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Seit 1995 gibt es das Jahressteuergesetz. Da Steuerrechtsänderungen in Deutschland durch einzelne Steuergesetze in der Regel ad hoc erfolgen, sollte durch das Jahressteuergesetz so etwas Ruhe und Struktur in den Steuerdschungel einkehren. Im Idealfall sollten nämlich alle steuerlichen Maßnahmen eines Jahres in diesem Gesetz verankert werden. So recht funktioniert hat dies allerdings nie. Jahressteuergesetze beinhalten deshalb vor allem Anpassungen an die Rechtsprechung, Maßnahmen zur Sicherung des Steueraufkommens sowie Vereinfachungen von Besteuerungsverfahren. 

Roland Graf

JUVE Steuermarkt: Was hat sich im Vergleich zum Referentenentwurf im Juli geändert?
Roland Graf: Ein wichtiges Thema ist dazugekommen: die Photovoltaikanlagen. Das ist schon besonders für Privatpersonen interessant, denn alles, was mit Einnahmen aus Photovoltaikanlagen zusammenhängt, ist nun von der Ertragsteuer befreit – von der Eigenentnahme bis zum Weiterverkauf von erzeugtem Strom. Zusätzlich ist vorgesehen, dass auch keine Umsatzsteuer anfallen soll auf alles, was zur Errichtung (insbesondere Lieferung und Installation) einer Photovoltaikanlage notwendig ist.

Gelten diese Regelungen auch für Unternehmen?
Es ist vor allem für Privatpersonen interessant, denn diese Regelungen sind an gewisse Kapazitäten gekoppelt. Die Nennleistungen der Anlagen, für welche die neuen Regeln gelten, ist begrenzt. Die ganz großen industriellen Photovoltaikanlagen fallen daher nicht darunter. Aber dies ist schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Gerade wegen der Energieknappheit hat der Gesetzgeber hier reagiert, aber auch der Verwaltungsaufwand für den privaten Betreiber und den Fiskus reduziert sich.

Wie beurteilen Sie den Regierungsentwurf nun im Vergleich zum Referentenentwurf? 
Der Referentenentwurf hat mich maßlos enttäuscht. Der Regierungsentwurf ist ein Stück besser geworden, auch wenn man das parallele Inflationsausgleichsgesetz mit einbezieht. Damit wird die kalte Progression tatsächlich etwas abgemildert. Zusammen mit der Förderung von Photovoltaikanlagen ist man dem Steuerpflichtigen daher schon noch einmal ein Stück entgegengekommen – im Vergleich zum Stand im Juli.

Was haben eigentlich die deutschen Unternehmen von dem Jahressteuergesetz?
Das ist eine gute Frage. Also ich kann in dieser Hinsicht bislang nichts erkennen. Das Inflationsausgleichsgesetz und das Jahressteuergesetz geben für Unternehmen noch nicht allzu viel her. Ich weiß aber nicht, welche Gesetze noch geplant sind – vor allem in Bezug auf die diskutierte Energiepreisbremse, von der dann wohl auch Unternehmen profitieren könnten. Allerdings war ich auch beim Inflationsausgleichsgesetz überrascht, dass die Abmilderung der kalten Progression dann am Ende in ein gesondertes Gesetz gegossen wurde.

Wie könnte der Gesetzgeber Unternehmen auch außerhalb des Jahressteuergesetzes steuerlich unterstützen?
Der Gesetzgeber könnte Investitionsanreize schaffen. Steuerlich ließe sich dies zum Beispiel über Änderungen bei der AfA, also der Absetzung für Abnutzung, auf neu angeschaffte – energiesparende – Wirtschaftsgüter bewerkstelligen. Im Hinblick auf neue Wohngebäude enthält das Jahressteuergesetz auch eine entsprechende Maßnahme: Der lineare AfA-Satz für neue Wohngebäude soll von 2 Prozent auf 3 Prozent angehoben werden. Aus dem Ansatz des höheren pauschalen AfA-Satzes resultiert eine kürzere Abschreibungsdauer von 33 Jahren.

Und Ihr Gesamteindruck vom Gesetz?
Es enthält viele einzelne Änderungen zu Regelungen, die schon lange – vor allem die Finanzverwaltung – stören. Diese sind jetzt geglättet worden. Aber in der Begründung für das Gesetz steht auch, dass man etwas in Richtung Digitalisierung und Verfahrensvereinfachung machen wolle. Das ist natürlich eine große Ankündigung. Wenn man die Begründung und die aktuellen Inhalte vergleicht, dann muss man schon sagen: Das ist ein bisschen wenig.

Von welchen Glättungen von Regelungen sprechen wir?
Da wäre die Abschaffung der Registerfälle nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG. Die bisherige Regelung betrifft ausländische Unternehmen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung in Deutschland haben, aber von denen eine Marke oder ein Patent in einem inländischen Register geführt wird. Aber die Regelung geht weiter: Sie greift auch dann, wenn weder Markeninhaber noch Markennutzer Sitz oder Geschäftsleitung in Deutschland haben. Nur aufgrund der Tatsache, dass die Marke in einem deutschen Register vermerkt ist, ist von den Lizenzzahlungen Kapitalertragsteuer einzubehalten und an den deutschen Fiskus abzuführen. Dem wurde nun ein Riegel vorgeschoben. Denn weder war diese Regelung im Ausland bekannt, noch war sie nachhaltbar oder für den deutschen Fiskus transparent überprüfbar. Den Eigentümer einer Marke oder eines Patentes kann man leicht feststellen. Aber wer dann Lizenznehmer ist, das ist überhaupt nicht nachvollziehbar.

Gibt es in dem Jahressteuergesetz auch Stolperfallen oder problematische Regelungen?
Die Änderungen im Hinblick auf die Bewertung von Immobilien sind relevant, weil dadurch die Stellschrauben nochmal verändert wurden: Im Bewertungsgesetz sollen insbesondere das Ertragswertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14. Juli 2021 (BGBl. I S. 2805) angepasst werden. In der Immobilienwertverordnung kommt es zu einer Erhöhung des Ertragswertes von Immobilien in Folge der Herabsetzung der Liegenschaftszinsen. Wenn diese neuen Regeln greifen und eine Immobilie über das Ertragswertverfahren bewertet werden muss, dann wird es teurer. Dadurch wird die Bewertungsthematik besonders bei (vorweggenommenen) Erbfolgen oder Schenkungen von Immobilienvermögen relevant. Ziel des Gesetzes ist es, dass der Verkehrswert zur Besteuerung herangezogen werden soll. Gerade in den Ballungsräumen haben sich die Immobilienpreise in den letzten Jahren nach oben entwickelt.

Wir beurteilen Sie die Auswirkungen des Jahressteuergesetzes auf Ihre Mandanten und Ihre Arbeit?
Ich sehe kaum Auswirkungen auf unsere Mandanten und auch nicht für unsere Arbeit.

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