JUVE: Flick Gocke Schaumburg gibt es nun seit 50 Jahren. Wenn Sie zurückschauen: Was war die wichtigste Entwicklung?
Prof. Dr. Thomas Rödder: Dass wir es mit unserer besonderen Ausrichtung der steuerzentrierten Rechtsberatung geschafft haben, in den Kreis der zehn umsatzstärksten Anwaltskanzleien vorzudringen. Und das mit einem interdisziplinären und vergleichsweise individualistischen, freiberuflichen Ansatz.
Gibt es auch etwas, das Sie rückblickend geärgert hat?
Wir haben den ein oder anderen außerplanmäßigen Abgang gehabt. Nicht sehr viele, aber ich habe jeden einzelnen Abgang als besonders schade empfunden.
Wie sieht es hinsichtlich des Beratungsangebotes aus?
Wir haben es geschafft, sämtliche steuerlichen Lücken, die wir vor ein paar Jahren noch hatten, zu schließen. Und wir haben in Sachen Tax Technology große Fortschritte gemacht. Gleichwohl müssen wir hier noch deutlich weiterkommen, genauso wie bei der Internationalisierung. Wichtig wäre auch, dass wir bei Transaktionen noch einen weiteren großen Sprung machen.
Wird Flick Gocke in zehn Jahren noch immer eine steuerzentrierte Großkanzlei sein?
Das würde ich erwarten, hängt aber immer von prägenden Persönlichkeiten ab. Wir haben 2023 – neben den Innenpartnern, also unseren Equity-Partnern – auch wieder eine große Zahl von Assoziierten Partnerinnen und Partner ernannt. Von diesen möglichen künftigen Innenpartnern hat das Gros jedenfalls einen steuerrechtlichen Schwerpunkt.
Und welchen Herausforderungen wird sich das Management der Kanzlei dann stellen müssen?
Wir sind in eine Größe hineingewachsen, die mehr Strukturen erfordert. Das wird so weitergehen. Der künftige Managing-Partner oder die Managing-Partnerin oder auch ein Team werden wohl mehr Zeit für ein professionelleres Management einsetzen müssen. Und auch das Ringen um Talente wird noch mehr Aufmerksamkeit verlangen.
Sie sind seit langem nicht nur der Managing-Partner, sondern auch einer der umsatzstärksten Partner der Kanzlei. Ist das auch in zehn Jahren die Voraussetzung für diese Position?
Das wird sich immer mehr voneinander lösen. Und das ist auch richtig so.
Sie ernennen zum neuen Jahr drei Equity-Partnerinnen und verdoppeln damit fast die Zahl der weiblichen Partner. Steckt dahinter ein Plan?
Dass wir uns in dieser Hinsicht verbessern müssen, ist seit langem völlig unstreitig. Diese Aufbauarbeit kommt von innen heraus, hat sich über viele Jahre erstreckt und trägt nun Früchte. Das erkennen Sie auch an unseren neuen Assoziierten Partnern: 5 von 13 sind Frauen. Das wird sich in den kommenden Jahren weiter so entwickeln.
Sie hatten erwähnt, dass Sie Steuer-Technologie weiter stärken wollen. Entfernen Sie sich damit nicht von den Top-Anwaltskanzleien, zu denen Sie ja zählen wollen, und bewegen sich eher in Richtung breiter aufgestellter Steuerberatungsgesellschaften?
Es ist Ausdruck des Besonderen, dass wir nicht profilidentisch mit den großen Anwaltskanzleien sind, sondern Betätigungsfelder haben, die diese nicht abdecken. Dazu gehört auch Tax Technology. Tax Technology sehen wir aber auch als Keimzelle für neue Felder in der Rechtsberatung, etwa für das, was wir als Corporate-Compliance bezeichnen. Dasselbe gilt für Forensik im weitesten Sinne, wo ja auch heute schon viel Technologie im Einsatz ist.