Die Steuerwelt ist im Wandel und dürstet nach Rechtleitung und Wegweisung. Diese Marktchance wollen sich auch die Toten nicht entgehen lassen, weshalb einer der größten Ratgeber in der Geschichte überhaupt eine Strategieberatung für Steuerkanzleien gegründet hat: Mit seinem Kölner Start-up FECAPFU „Former Experience Can Always Proof the Future“ will der Florentiner Niccolò Machiavelli durchstarten. JUVE Steuermarkt hat den 554-Jährigen exklusiv interviewt.
JUVE Steuermarkt: Herr Machiavelli, sind Sie mit über 500 Jahren nicht zu alt, um Ratschläge für die Zukunft oder die Gegenwart zu geben, insbesondere für eine so dynamische Branche wie den Steuermarkt?
Machiavelli: Werter Schreiberling, natürlich nicht. Man ist immer nur so tot, wie man sich fühlt. Das hat im Übrigen auch die Bundessteuerberaterkammer erkannt. Nur weil rund 30 Prozent der Kammermitglieder im oder jenseits ihres siebten Lebensjahrzehntes stehen, ist das kein Grund zur Sorge. Es ist ein Grund zur Freude. Denn nur, wer viel Vergangenheit hat, hat auch viel Zukunft.
Ich kann Ihnen nicht ganz folgen: Die Steuerwelt wandelt sich doch und braucht neue Antworten?
Werter begriffsstutziger Hilfsarbeiter der tippenden Zunft: Natürlich
müssen die Antworten neu sein, Sie Dummerchen. Wer will schon von
seinem Fürsten immer dieselbe Rede hören? Wichtig ist, dass sich nichts verändert. Nicht, dass man nichts Neues sagt.
Von welchen Fürsten sprechen Sie?
(leicht ungehaltenes Räuspern:) Mein berühmtes Buch, das ich in einem Steuerverlag neu auflegen werde, trägt nicht umsonst im Original den Titel „Il Principe“ – also frei übersetzt: derjenige, der an der Spitze steht. Das sind daher naturgemäß alle, die führen und herrschen. Ob sie nun einen Fürsten- oder Adelstitel tragen oder Partner einer in ihrem Sinne männlich dominierten Kanzlei sind, ist völlig sekundär.
Denken Sie, dass die Führung und Herrschaft derjenigen, die an der Spitze von Steuerkanzleien stehen, gefährdet ist? Und wenn ja, durch wen?
Frauen und Technik. Wie immer sind es Frauen und Technik. Das war
schon unter den Medici in Florenz so. Verflucht sei Leonardo da Vinci, der mit seinen Erfindungen alles durcheinandergebracht hat. Denn sehen Sie: Wichtig für eine stabile Herrschaft ist, die Einflüsse von außen zu begrenzen. Wollen mehr Personen partizipieren oder können sich manche besserer Werkzeuge bedienen, dann beginnt der Kampf um Herrschaft und Führung von Neuem. Deshalb ist es wichtig, dass man neue Personenkreise und neue Techniken meidet.
Aber wie soll das gehen? – In Zeiten des Fachkräftemangels braucht die Branche sowohl Frauen als auch Technik?
Dann müssen Sie eben verleugnen.
Wie bitte?
Na, wie Petrus – im Garten Gethsemane, Sie Heide! Ein Beispiel: Wenn Sie schon Frauen einstellen müssen, dann lassen Sie sie arbeiten, beteiligen sie aber nicht an der Macht.
Das fällt nicht auf?
Nein – denn Sie verleugnen, dass Sie Frauen keine Macht geben. Sie sagen nicht: „Wir haben keine weiblichen Partner“. Sie sagen „Wir haben 44 Prozent Partnerinnen“ – und loben sich selbst für Ihre innovative N2-Partnerebene (Non-Equity Non-Power), die sie extra eingeführt hätten, um verkrustete Strukturen zu durchbrechen. Dass diese Ebene zwar schuften muss, aber an den eigentlichen Entscheidungen im Unternehmen keinen Anteil hat, verleugnen und verschweigen Sie.
Aber gelingt dies mit neuen Techniken auch so leicht?
Natürlich, werter Knabe mit schütterem Haupthaar: Sie müssen nur so tun, als wüssten Sie voll Bescheid. Unter uns: Die meisten haben von Technik keine Ahnung. Daher brauchen Sie keine Entdeckung fürchten. Behaupten Sie einfach, Sie seien eine digitale Kanzlei und würden automatisieren. Wer will das schon nachprüfen? Digital ist schließlich auch die Lieferando-Bestellung und automatisch funktioniert Ihr Kaffeevollautomat. Beides Dinge Ihres Arbeitsalltages: digital und automatisiert.
Jetzt können Sie aber nicht einfach wegformulieren, dass sich das Arbeiten durch Tax Tools wandelt!
Das muss ich auch nicht. Ich darf nur nicht alt dabei aussehen. Sehen Sie mich an. Ich bin mit fast 560 Jahren noch taufrisch. Einfach, weil ich weiterhin erzähle, dass das, was ich tue, wichtig und unersetzlich ist, und dass man Technik nur wirklich bei einfachen Belangen einsetzen kann. Was einfache Belange sind, das bestimme ich. So bleibe ich unangreifbar und kann mir bei Bedarf durch die Technik junge Aufsteiger vom Hals halten – eine Win-Win-Situation!
Herr Machivelli, vielen Dank für das verstörende Interview.
Sehr gerne, mein federschwingender Herold. Und vergessen Sie nicht,
mein Buch zu erwähnen!