JUVE Steuermarkt: Das Wann, Wie und Warum der Digitalisierung von Steuerabteilungen ist in Deutschland in aller Munde. Wo befindet sich Ihre Abteilung auf der digitalen Reise?
Barbara Cech: Wir haben in der Steuerabteilung erst 2016 bzw. 2017 mit der Digitalisierung begonnen. Bis dahin waren unsere Steuererklärungen fast ausschließlich manuell getrieben, auch heute ist der manuelle Prozess noch vorherrschend. Obwohl wir mitten im Digitalisierungsprozess stehen, verwenden wir noch immer sehr viel Zeit mit repetitiven Compliance-Tätigkeiten wie der monatlichen Erstellung und Abgabe von Steuererklärungen, nur 50 Prozent können wir in die fachliche Tätigkeit investieren. Das liegt auch daran, dass die Reporting- und Compliance-Anforderungen immer stärker zunehmen. Ständig kommen neue Regeln dazu, welche Informationen man wohin liefern muss, wie etwa das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz oder Country-by-Country-Reporting. Uns war also klar: Wenn wir nicht digitalisieren, werden diese repetitiven Tätigkeiten immer noch mehr werden. Darüber hinaus waren wir als Steuerabteilung sehr papiergetrieben, sprich, wir haben viele Prozesse darauf ausgerichtet, Zettel in physischen Ordnern abzulegen.
Und das wurde geändert?
Ja, bei uns im Büro galten wir nämlich immer als exotische Wesen, weil wir so viel Kastenfläche benötigt haben und auch den nötigen Platz im Archiv verstellten. All das hat nicht nur Platz, sondern auch sehr viel Zeit gefressen. Glücklicherweise sind wir in den letzten Jahren mehrfach übersiedelt und Teile unserer heißgeliebten Papiere sind auf diese Weise verschwunden. Aber es hat sich herausgestellt, dass uns nichts fehlt.
Wenn die Arbeit und die Regeln immer mehr werden, warum werden dann nicht die Ressourcen in Ihrer Abteilung aufgestockt?
Aufgrund der Vielzahl an Themen, die bei uns Inhouse abgewickelt werden, sind wir ohnehin schon recht groß für österreichische Verhältnisse. Und mehr Personal zu bekommen ist schwierig.
Wie groß soll man sich die Tax-Compliance-Abteilung der OMV vorstellen?
Wir sind eine Truppe von 17 Leuten, die sich mit allen operativen Dingen beschäftigen, die sich in der österreichischen Steuerlandschaft ergeben, dazu gehören vor allem die Umsatzsteuer, Quellensteuer, Körperschaftsteuer, der Zoll und natürlich die Mineralölsteuer, die für uns besonders wichtig ist. Wir betreuen rund 60 Gesellschaften in Österreich, davon sind die meisten in der Umsatzsteuerorganschaft, und rund 30, die in einer Körperschaftsgruppe zusammengefasst sind.
Wer arbeitet in Ihrem Team?
Bei uns arbeiten hoch spezialisierte Steuerrechtsexperten auf dem Niveau eines Steuerberaters oder Steuersachbearbeiters. Es ist natürlich schade, dass diese Experten so viel Zeit in repetitive Tätigkeiten investieren müssen. Dadurch fehlt uns auch die Zeit, dass wir in unserem Unternehmen die Sachen viel proaktiver angehen können. Zum Beispiel wenn neue Business-Modelle entwickelt werden, die OMV in neue Länder expandiert oder wir neue Arbeitsmodelle wie gerade jetzt einführen, würden wir uns gerne stärker fachlich und konzeptionell einbringen. Oft können wir aber nur als Feuerwehr einschreiten, weil uns einfach die Zeit fehlt.
Gibt es weitere Umstände, die Sie zwingen, die Abteilung zu digitalisieren?
Die OMV ist schon länger auf einer Digitalisierungsreise und setzt S4/ Hana von SAP ein, wobei S/4 Hana noch nicht überall zum Einsatz kommt. Als diversifiziertes Unternehmen haben wir mehrere SAP-Systeme. Diese Automatisierungsprojekte in den anderen Abteilungen haben natürlich immer einen Impact auf die Steuerabteilung, ob uns das gefällt oder nicht. Bei unserem Einkaufsprozess, dem sogenannten ‚purchase to pay‘, haben wir etwa schon länger ein Projekt laufen, mehr auf elektronische Eingangsrechnungsdatenverarbeitung umzustellen. Als Steuerabteilung hatten wir gerade bei Eingangsrechnungen einen starken Fokus auf den Vorsteuerabzug. Das verändert natürlich unseren Internen Kontrollprozess (IKS) komplett. Wenn das jetzt alles automatisch geht, also keine Person die Rechnung physisch auf ihre Richtigkeit und Abzugsfähigkeit überprüft, dann müssen wir uns einen neuen Prozess überlegen.
Das Gespräch führte Angelika Kramer.