Internationale Steuern

„Die BEPS-Initiative verfehlt ihr Ziel“

Viele internationale Konzerne rechnen ihre Gewinne klein und verlagern sie dorthin, wo die Steuersätze niedrig sind – so viele, dass diese Praxis sogar einen eigenen Namen hat: Base Erosion and Profit Shifting, kurz BEPS. Mehrere Staaten wollen gegen aggressive Steuerplanungen internationaler Konzerne vorgehen. Über die Risiken dieser BEPS-Initiative spricht Baker & McKenzie-Partner Stephan Schnorberger im JUVE-Interview. Er empfiehlt Unternehmen, ihr Geschäftsmodell zu prüfen.

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Stephan Schnorberger
Stephan Schnorberger

In Ihrer Studie kommen Sie zu dem Ergebnis, dass der Verteilungskampf zwischen den Steuerverwaltungen auf Kosten der Unternehmen zunehmen wird. Wieso?
Stephan Schnorberger:
Nach Veröffentlichung der OECD-Berichte und erst recht mit Umsetzung der BEPS-Initiative in den nationalen Steuergesetzen kommt es bereits vermehrt zu Situationen, in denen Unternehmen ihre Gewinne sowohl im In- als auch im Ausland versteuern müssen. Zudem wird das Maß der Versteuerung zunehmen. Die nationalen Finanzverwaltungen wollen dann – verständlicherweise – alle und einige eventuell mehr als vorher etwas vom Steuerkuchen haben. Das wird die Unternehmen belasten.

Viele Juristen und Steuerverantwortliche in Unternehmen sagen, sie seien schon heute überfordert. Hat das etwas mit der reinen Bekanntgabe der BEPS-Initiative zu tun?
Ja. Allein auf Basis der OECD-Berichte 2015 haben viele Länder begonnen, die dort vertretenen Steuerkonzepte anzuwenden. Das Ganze wird sich noch weiter verschärfen. Ein Grund liegt auch darin, dass die von der OECD vorgeschlagenen Richtlinien trotz ihrer Detailfülle unschärfer sind als die aktuelle Rechtslage. Die Interpretationsspielräume sind zu groß. So setzen die Staaten die von der OECD geforderten Richtlinien zum Teil sehr unterschiedlich um. Zum anderen vermehrt sich die Flut an Steuerrichtlinien und -vorschriften auf internationaler Ebene, insbesondere OECD und EU. Das alles führt zu extremer Komplexität und Unsicherheit. Dazu kommt die Verwaltungspraxis. In Deutschland sind die Vertreter etwa des Bundeszentralamts für Steuern und der Landesfinanzverwaltungen gut ausgebildet und ausgerüstet. Aber in manchen anderen Ländern ist das Kenntnisniveau niedriger und die Herangehensweise aggressiver.

Das klingt so, als stünden Unternehmen dadurch steuerrechtlich auf sehr dünnem Eis. Mit welchen Folgen?
In der Praxis ist es zum Beispiel oft nicht klar, ob man es im Ausland mit einer Betriebsstätte zu tun hat oder nicht. Das wiederum führt dazu, dass Unternehmer – natürlich unwissend – rechtliche Fehler begehen und im schlimmsten Fall rückwirkend eine Menge Steuern nachzahlen müssen. Über Jahre kann sich ein riesiges Steueraufkommen kumulieren, das für international tätige Unternehmen zu einem echten Risiko werden kann. Das Kernziel des BEPS-Projekts – mehr internationale Steuergerechtigkeit und weniger steuerliche Wettbewerbsverzerrungen – wird nach Einschätzung der Inhouse-Steuerexperten nicht erreicht. Im Gegenteil: Viele Unternehmen sehen negative Effekte hinsichtlich ihrer Wettbewerbsfähigkeit.

Das Gespräch führte Daniel Lehmann.

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