Die Nachricht traf den Markt wie eine Bombe: Die Allianz sourct gut die Hälfte ihrer bis dahin 60-köpfigen Steuerabteilung aus. Das war im Frühsommer 2017. Und es war ein zentrales Momentum auf dem Weg zu einer Neuordnung des Steuerberatungsmarkts im Versicherungssektor. Denn dieser befindet sich seit rund fünf Jahren im Umbruch.
Mehr als zwei Jahrzehnte lang standen zwei Institutionen praktisch für das gesamte branchenfokussierte Beratungssegment: Das Versicherungsteuerteam von KPMG, und die Steuerabteilung der Allianz, des mit Abstand größten deutschen Versicherers. Heute gibt es diverse gleich starke Beratungshäuser, mehrere Verfolger und keine Inhouse-Steuerabteilung mehr, die dreimal so groß ist wie die nächstgrößte bei der Konkurrenz. Wie konnte es dazu kommen? Und wie wird es weitergehen?
Eines der Gesichter des Wandels ist Dr. Philipp Besson. Der 55-Jährige wechselte 2017 als langjähriger Head of Operational Taxes mitsamt seinem Partnerkollegen Dr. Florian Schnabel (51) und einem knapp 30-köpfigen Team von der Allianz zur expandierenden Steuerberatungsgesellschaft WTS. Zusammen machten sie diese so von einem Tag auf den anderen zu einer der wichtigsten Steuerberatungseinheiten für die Versicherungsbranche in Deutschland. Denn WTS hat in Folge der Outsourcing-Entscheidung der Allianz wesentliche operative Teile der Steuerfunktion im so genannten ‚Business Partnering‘ übernommen. WTS betreut die Assekuranz seitdem laufend in der Compliance von Ertragsteuern sowie bei Versicherung-, Umsatz- und personenbezogenen Steuern und berät sie bei der Gestaltung, etwa von Produkten in Bezug auf Versicherungsteuern im In- und Ausland.
Besson, der – nach seinem Berufsstart beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) – vor allem durch seine mehr als 16-jährige Tätigkeit für die Allianz schon lange zu den bekanntesten Beraterpersönlichkeiten der Szene gehört, schildert seinen Neustart bei WTS als Erfolgsgeschichte. „Seit unserem Einstieg bei WTS haben wir unser Team von 30 auf 50 Mitarbeiter vergrößern können und beraten neben der Allianz eine Vielzahl von Versicherungsunternehmen der nächsten Ebene.“ Zu den Mandanten zählten heute zudem Konzerne aus anderen Branchen, die in versicherungssteuerlichen Belangen auf WTS zurückgriffen.
Rotation sorgt für Bewegung
WTS ist damit eine der Nutznießerinnen des Umbruchs, den die Prüfungs- und Beratungsbranche seit rund fünf Jahren durchlebt. Denn seit Juni 2016 gelten die aktuellen EU-Regeln zur Abschlussprüfung. Seitdem muss der Abschlussprüfer grundsätzlich alle zehn Jahre gewechselt werden, außerdem gilt heute ein recht striktes Verbot für die Erbringung von Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer.
Für die Allianz und KPMG hieß es damit: 2018 war Schluss mit der gleichzeitigen Prüfung und Beratung der Allianz – und das nach 127 Jahren. Das Aufbrechen traditioneller Koalitionen ist bei der Allianz besonders greifbar, betrifft jedoch einen Großteil der Versicherungsunternehmen. Denn KPMG agierte nach Schätzung von Branchenexperten bis zu diesem Zeitpunkt bei knapp 80 Prozent der Konzerne auch als Abschlussprüferin.
Die Rotation hat den Markt kräftig durcheinandergewirbelt. Die zehn größten deutschen Versicherer werden zwar weiterhin von vier unterschiedlichen Gesellschaften geprüft, allerdings findet sich darunter nur noch einmal KPMG. PricewaterhouseCoopers (PwC) hat dagegen deutlich zugelegt. Das heißt aber gleichzeitig auch: Die steuerlichen Berater sind jeweils andere als die Prüfer. Denn die Ausnahmen, die in Deutschland in den vergangenen Jahren in puncto Trennung von Prüfung und Beratung noch bestanden, sind durch das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) in diesem Jahr endgültig abgeschafft worden.
Beispiel Talanx: Seit einigen Jahren prüft PwC Deutschlands drittgrößten Versicherungskonzern. Lange hatte Talanx-Steuerchef Peter Hanke etwa bei der Compliance der Quellensteuererstattung im Ausland noch auf PwC gesetzt, nun ist eine Beratung durch die Big-Four-Gesellschaft gar nicht mehr möglich. Doch die großen Vier bleiben laut Hanke wichtig: „Insbesondere wegen ihrer internationalen Netzwerke für Fragen mit Auslandsbezug sind sie aus meiner Sicht für die Branche unverzichtbar.“
Heute stellt sich der Beratungsmarkt entsprechend deutlich diverser dar als noch vor fünf Jahren. Denn nicht nur WTS stieg als neuer Player in die spezialisierte Steuerberatung für Versicherer ein, auch Prüfer wie BDO, Deloitte und sogar RSM haben erstmals Steuerberatungsteams für die Branche aufgestellt – und zwar ohne Ausnahme mit erfahrenen Leuten von den Big Four.
Das zarteste Pflänzchen wächst bei RSM. Die Next-Ten-Gesellschaft holte zum Jahresanfang den Steuerberater und Wirtschaftsprüfer André Bödeker von PwC, der davor mehr als 20 Jahre als Abschlussprüfer und in der prüfungsnahen Beratung gewirkt hatte und eine Menge Kontakte in die Versicherungsszene in und um Hannover mitbrachte. „Insbesondere kleinere Versicherungen verfügen nicht über eigene Steuer- oder Rechtsabteilungen und sind daher offener für eine ganzheitliche Beratung. Ihnen wollen wir einen möglichst umfassenden Service in Beratung und Prüfung anbieten“, sagte Bödeker zum Start.
Während RSM sicher noch nicht zu den auffälligen Einheiten gehört, sieht das bei Deloitte anders aus. Unter den Big-Four-Häusern war Deloitte das letzte, das bis zum vergangenen Jahr kein auf Versicherer spezialisiertes Beratungsteam sein Eigen nannte. Im April 2020 holte die Gesellschaft dann jedoch mit Birgit Köhler eine erfahrene und gut vernetzte Beraterin von Ernst & Young (EY) als Leiterin des Bereichs ‚Financial Services Tax Insurance‘ in Deutschland. Sie war bei EY zuletzt Assoziierte Partnerin und ist spezialisiert auf die steuerliche Beratung von Versicherungsunternehmen und ihrer Asset-Management-Gesellschaften sowie von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung.
Talanx-Steuerchef Hanke etwa schätzt den regelmäßigen Austausch mit Köhler. „Von der laufenden Kommunikation mit erfahrenen Beratern profitieren beide Seiten“, findet er. „Die Berater, die sich mit vielen Gesellschaften unterhalten, erfahren zum Beispiel die neuesten Trends aus der Betriebsprüfung, und wir können uns zu strittigen steuerlichen Fragen austauschen.“
Wie Köhler setzt auch ihr Pendant bei BDO, Daniel Troost, auf den engen Kontakt zwischen externen und Inhouse- Experten. „Unser Vorteil als Berater von außen ist, dass wir benchmarken können. Das bringt Mandanten unglaublich viel.“
Der 43-Jährige ist im Mai 2019 bei der traditionsreichen Prüfungsgesellschaft eingestiegen, auch er ist für BDO der erste Partner, der zuvorderst auf die Steuerberatung im Versicherungssektor spezialisierte ist. Troost blickt auf eine mehr als 20-jährige Karriere zurück und entwickelte sich nach seiner Zeit bei PwC vor allem bei KPMG, wo er mehr als elf Jahre tätig war, zu einem bekannten Kopf der Branche.
Troost nutzte die Erkenntnis bei BDO, ein Stück vom Kuchen in dem sich verändernden Beratungssegment abhaben zu wollen. „Ich schätze bei BDO den Ansatz der umfassenden und persönlichen Beratung, den wir in einer spezialisierten Prüfungs- und Beratungsgruppe für den Versicherungssektor erbringen.“
Allerdings erlebt Troost nun auch am eigenen Leib wie schnell sich der Markt in Zeiten von FISG verschiebt. „Als ich vor zweieinhalb Jahren zu BDO kam, hatten wir noch kein sehr umfangreiches Prüfungsgeschäft. Aber jüngst haben wir den Zuschlag für die Prüfung der VPV-Gruppe erhalten, sodass sich nun auch hier viel tut.“
Der Steuerberater empfindet das FISG dennoch als förderlich für sein Geschäft. „Die Big Four haben auf absehbare Zeit eine marktbeherrschende Stellung im Prüfungsbereich. Aus Sicht gerade großer Versicherer ist es daher klug, sich Berater aus Firmen zu suchen, die nicht potenziell auch der nächste Prüfer sind.“
Vier Firmen an der Marktspitze
Doch noch bilden neben WTS drei Big-Four-Gesellschaften die Marktspitze der auf Versicherer spezialisierten Steuerberatung.
Zum einen ist das KPMG. Das Haus bleibt aufgrund seiner Prüfungserfahrung und tiefen Verknüpfung im Versicherungssektor eine der dominanten Größen. Unter der Führung von Dr. Sandra Grote, zweier weiterer Partner sowie von zwei Direktoren verfügt der langjährige Platzhirsch über rund fünfzig Expertinnen und Experten für die steuerliche Beratung der Versicherungsbranche.
Durch die Zwangsrotation ergeben sich für die KPMG-Steuerberater aktuell tatsächlich die meisten Möglichkeiten an der Marktspitze. Während die Beraterteams von EY und PwC ständig fürchten müssen, durch ihre Prüfungskollegen verdrängt zu werden, schrumpft der Prüfungsanteil von KPMG im Versicherungssektor kontinuierlich. Doch auch Grote weiß, dass das nicht ewig so bleiben muss. „Wir schließen daher bei größeren Tax-Outsourcings häufig Fünf-Jahres-Verträge. Das gibt beiden Seiten Sicherheit.“
Für Grote überwiegen die Chancen allerdings deutlich. „Mit der Beratung von Transaktionen und Fusionen von Versicherern, der Betreuung internationaler Versicherer – auch deutscher Zweigniederlassungen –, der Digitalisierung der Steuerfunktion oder der Implementierung von Tax Compliance Management Systemen (TCMS), um nur einige Felder zu nennen, sind wir an vielen Stellen gefragt.“ Hinzu komme, dass auch KPMG von Outsourcing-Tendenzen profitiere, etwa bei der Versicherungsteuer-Compliance im Ausland, der Tax Compliance bei Ertragsteuern oder im Asset Management und Real Estate.
Branchenbeobachter meinen, dass KPMG den erzwungenen Transformationsprozess bislang gut managt: „Es war ja klar, dass KPMG Häuser wie die Allianz oder die Munich Re nicht ewig prüfen würde.“ Die Entscheidung, für die oberste Führungsebene den ehemaligen Deloitte-Partner Dr. Christian Schareck zu holen – der als Nachfolger von Dr. Frank Ellenbürger die Leitung des gesamten Versicherungsgeschäfts in Deutschland übernommen hat – sei ein klares Signal, den Beratungsfokus insgesamt zu stärken.
Chance statt Risiko.
Naturgemäß anders gelagert ist die Entwicklung bei PwC und EY. Dennoch haben beide nach Auffassung von Marktkennern zu KPMG aufgeschlossen – trotz der Gefahr, dass den Beratern ihre Prüfungsschwester einen Strich durch die Rechnung macht. Sie haben sie sich mit neuen Partnern und einem stark technologischen Ansatz eine sehr gute Stellung erarbeitet.
So sieht der Leiter der Versicherungsteuerpraxis bei EY, Christian Rengier, die Versicherer unter anderem unter einem Effizienz- und damit unter einem Digitalisierungsdruck. Dies löse Beratungsbedarf aus. Zum Beispiel unterschieden die Steuerabteilungen von Versicherern heute viel stärker als früher nach strategischen und nichtstrategischen Geschäftsbereichen, sodass die Auslagerung der Deklaration bestimmter Steuerarten oder der kompletten steuerlichen Compliance einiger Risikoträger an Beratungshäuser ein häufig diskutiertes Thema sei. Zudem stiegen die Anforderungen an das steuerliche Management der Aktivseite der Versicherer, da diese aufgrund des Niedrigzinsumfeldes ihre Kapitalanlagen deutlich diversifizierter gestalten müssten. „Heute verfolgen Versicherer eine viel breitere Investmentstrategie, beispielsweise steigt die Anzahl der Investments der Versicherungen in Private-Equity Vehikel. Dies verursacht aus steuerlicher Sicht einen hohen administrativen Aufwand“, so der 47-Jährige.
Angesichts dieser Entwicklungen hat EY die Führungsspitze ihrer Praxis im Sommer auch wieder mit einem Assoziierten Partner verstärkt. Als Nachfolger von Birgit Köhler firmiert nun Markus Assum (34) als Co-Leiter im Versicherungssteuer-Team.
Besonderes Aufsehen in der Branche erregte unterdessen PwC, als die Big-Four-Gesellschaft 2018 den damaligen Leiter der Steuerabteilung des GDV, Till Hannig, als Partner zu sich holte. Ein Wettbewerber bezeichnet den 41-jährigen Anwalt als „bärenstarken Berater“, der vor allem bei Kapitalanlage- und Investmentsteuerfragen im Versicherungssektor schon heute zu den Koryphäen zähle. Hannig sieht wie Rengier die Aufstellung der Steuerabteilungen in den Versicherungsunternehmen im Wandel, oder wie er es ausdrückt: „Die Target Operating Models in der Branche werden überdacht. Versicherer haben erkannt, dass sie ihre Datenmengen unternehmerisch nutzen sollten. Dabei unterstützen wir sie.“
Insofern hat Hannig sein Team unter anderem auch stark auf ein hoch automatisiertes Beratungsgeschäft eingestellt, das vor allem in der laufenden Tax Compliance greifen soll, wie beispielsweise in Bezug auf die Ermittlung der für institutionelle Anleger relevanten steuerlichen Kennzahlen von Investmentfonds oder mit Blick auf eine medienbruchfreie Verarbeitung von Kapitalertragsteuer-Bescheinigungen.
Hannig geht wie alle anderen Berater davon aus, dass der Bedarf nach Outsourcing etwa bei der Versicherungsteuer oder der umfassenden laufenden Beratung bestimmter Risikoträger zunehmen wird. „Dies ist auch angesichts des Generationswechsels in den Steuerabteilungen nötig, wo sich Berufsträger immer weniger mit Standardaufgaben beschäftigen wollen und können.“ So zeige eine aktuelle PwC-Studie, dass insbesondere in kleineren Steuerabteilungen noch 80 Prozent der Zeit auf klassische Arbeiten wie die Erstellung von Steuerbilanzen, die Ermittlungen laufender und latenter Steuern oder die Erstellung von Ertragsteuererklärungen entfalle. Künftig müssten sich Inhouse-Teams aber mit immer neuen Reporting-Aufgaben befassen, etwa mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen des neuen GRI 207-Standards sowie mit dem sich schnell ändernden regulatorischen Umfeld.
Dauerbrenner: Prozesse
Auch das Thema effizienter Prozesse gewinnt weiter an Bedeutung – was nach Überzeugung aller Marktteilnehmer die Arbeit für Steuerabteilungen und externe Berater gleichermaßen anwachsen lasse. Die Prozessdokumentation über ein TCMS ist in der Versicherungsbranche nach der PwC-Studie zwar schon sehr weit verbreitet, doch sei laut PwC die Implementierung noch nicht bei allen abgeschlossen und eine Zertifizierung nach dem IDW-Standard PS 980 bei den allerwenigsten erfolgt.
EY-Partner Rengier sieht die Steuerfunktionen in Sachen TCMS weiter fortgeschritten als die rund ein Jahr alte PwC-Studie, meint aber auch: „Jetzt kommt es darauf an, das TCMS wirklich mit Leben zu füllen. Dies erfordert häufig die weitere Digitalisierung von Prozessen und eine Weiterentwicklung des Geschäftsmodells der Steuerabteilung“, sagt EY-Partner Rengier.
Dem stimmt der Leiter der Hauptabteilung Steuern im Provinzial Nord-West-Konzern, Torsten Sandkühler, zu. Bei der laufenden Betreuung setzt der 51-Jährige zwar auf WTS und das in diesem Jahr von SAP erworbene Business-Prozess-Programm Signavio, doch will er das für eine moderne Steuerabteilung notwendige Digital-Know-how idealerweise inhouse vorhalten. „Unser Ziel ist es, die weitere Digitalisierung immer weniger mit externen Beratern zu bestreiten. Die nächste Inhouse-Generation muss Steuern und Technik wie selbstverständlich verknüpfen, denn die Digitalisierung der Steuerabteilung kann mittelfristig nicht mehr Aufgabe der IT-Abteilung sein“, sagt Sandkühler.
Einen Schritt weiter in dieser Richtung ist die mit über 20 Mitarbeitern spürbar größere Steuerabteilung von Talanx. Sie betreut ihr TCMS – nach Beratung der Einführung durch KPMG – mittlerweile weitestgehend inhouse, sagt Steuerchef Hanke. Doch auf Berater kann auch Hanke nicht vollständig verzichten. Sie kämen etwa bei Projekten wie grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen und bei Steuerstreitverfahren zum Zuge. Auch laufend würden sie gebraucht. „Insbesondere die Betreuung von Kapitalanlagevehikeln ist sehr schwierig geworden, denn wir sprechen hier heutzutage über Immobilien, Private-Equity-Beteiligungen sowie Infrastruktur-Investments. Inhouse bewerkstelligen wir die Tax Compliance weitestgehend selbst. Aber an der Schnittstelle von Gesellschafts-, Aufsichts- und Steuerrecht bedarf es externer Expertise“, so Hanke. Der 62-Jährige vertraut insoweit regelmäßig den Anwaltskanzleien Poellath oder Clifford Chance.
Auch Sandkühler sieht in diesen Bereichen Anwaltskanzleien besser aufgestellt. Dass in diesen Fragen Steuerabteilungen eher auf Anwaltskanzleien statt auf die Big Four setzen, zeigt: Bei der Verknüpfung hochkarätiger rechtlicher und steuerlicher Fragestellungen haben die klassischen Prüfungs- und Steuerberatungshäuser offenbar noch Nachholbedarf. Für PwC-Partner Hannig ist das Ansporn. „Wir wollen nicht den Magic Circle kopieren. Aber regulatorische Beratung beziehungsweise Legal muss ein integraler Bereich unseres branchenfokussierten Services sein – und ist es auch schon.“ Ähnlich sieht dies KPMG-Partnerin Grote. Sie und ihr Partnerkollege Einiko Franz sind beide doppelt qualifizierte Steuerberater und Rechtsanwälte. „Wir bewegen uns an praktisch jeder Stelle unserer Beratung an der Schnittstelle von Steuern und Recht“, sagt Grote.
Trend oder Ausnahme?
Zu tun und zu verbessern gibt es noch genug für alle. Nur bei einem Phänomen ist die Beraterschaft weiterhin in Wartestellung: einem umfangreichen Outsourcing der Steuerfunktion in der Versicherungswirtschaft. Anders als zunächst angenommen, hat das Allianz-Outsourcing nicht für eine Lawine gesorgt.
Das mag daran liegen, dass der Versicherungssektor über eine weit verbreitete und hochqualifizierte Inhouse-Beraterschaft verfügt, die einem Outsourcing dementsprechend skeptisch gegenübersteht. So sind bei Talanx unter 21 Mitarbeitenden 18 als Steuerberater qualifiziert. Und Provinzial-Steuerchef Sandkühler sieht im Outsourcing sogar einen neu entstehenden Kostenblock: „Der Betriebsprüfungsbericht und die Steuererklärungen müssen am Ende ja von Organen genehmigt werden. Diese müssen sich intern absichern, sodass ein Outsourcing gleichzeitig dazu führt, ein Outsourcing-Controlling intern aufbauen zu müssen.“
Marktkenner weisen daher lieber darauf hin, dass Outsourcing heute und auch perspektivisch eher in kleineren Teilbereichen stattfindet. Die Allianz sei mit der Auslagerung des operativen Steuerbereichs also einen Sonderweg gegangen. „Der damalige Allianz-CFO Dieter Wemmer wollte vehement Kosten senken und hat das Outsourcing über den Kopf des damaligen Steuerchefs Hans-Günter Mayr hinweg beschlossen“, sagt ein Beobachter. Mayrs Nachfolgerin Eva Meyer-Schipflinger halte als ehemalige Finanzchefin der österreichischen Allianz-Tochter nun an diesem „business-orientierten“ Kurs fest. Allerdings habe die Steuerabteilung in den vergangenen Jahren nicht nur Personal abgebaut, sondern auch neue Leute geholt, sagen andere. Die Steuerabteilung des Versicherungsriesen, die nach JUVE Steuermarkt-Informationen insgesamt rund 30 Mitarbeiter umfasst, sei daher weiterhin die beste Steuerabteilung der Branche.
Die Allianz als Sonderfall oder Vorreiterin der Branche? Das bleibt abzuwarten.
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