Auf der Liste der Zeugen, die von SPD und Grünen beantragt wurden, finden sich neben Scholz unter anderem Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), seine Vorgänger Ole von Beust und Christoph Ahlhaus und der ehemalige Finanzsenator Wolfgang Peiner (alle CDU). Auch der frühere Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen (ebenfalls CDU), ist geladen.
Ziel ist es, die Rolle dieser Politiker bei den Cum-Ex-Geschäften der ehemaligen Landesbank Hamburgs und Schleswig-Holsteins zu beleuchten. Der SPD-Obmann Milan Pein erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), Scholz und Tschentscher sollen den Ausschuss über den externen Prüfungsprozess und die Aufarbeitung der Geschäfte der 2018 privatisierten HSH Nordbank seit 2012 informieren, während der Ausschuss von Ahlhaus und von Beust Angaben dazu erwarte, wie es zu den Geschäften kommen konnte. Zudem soll der christdemokratische Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens Hendrik Wüst Informationen zur Aufklärung bei der WestLB liefern.
Widerstand von CDU und AfD – SPD betont Notwendigkeit der Befragung
Die CDU und AfD stimmten gegen die Beweisanträge, da sie diese für verfassungswidrig halten. Die Linke enthielt sich und sprach von einem „politischen Show-Antrag“ seitens Rot-Grün. Die CDU-Abgeordnete Anke Frieling betonte, die Cum-Ex-Geschäfte der HSH Nordbank seien erst 2013 bekannt geworden und einige der Zeugen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Amt gewesen. SPD und Grüne lenken laut Frieling damit von der Verantwortung ihres Spitzenpersonals ab.
SPD-Obmann Milan Pein argumentierte, die HSH Nordbank habe unter der CDU-Regierung zwischen 2008 und 2011 Cum-Ex-Geschäfte getätigt. Daher sei die Befragung der damals politisch Verantwortlichen durch den Untersuchungsauftrag gedeckt. Die HSH Nordbank habe ab 2013 die illegalen Geschäfte aufgearbeitet und die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) sowie die Staatsanwaltschaft informiert. Scholz und Tschentscher hätten dieses Verfahren als Bürgermeister und Finanzsenator begleitet und könnten wertvolle Hinweise zur Aufklärung geben.
Scholz schon zweimal im Ausschuss – mit Erinnerungslücken
Bundeskanzler Scholz hat bereits zweimal als Zeuge im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank ausgesagt. Der 2020 eingesetzte Untersuchungsausschuss klärt mögliche politische Einflussnahmen führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der Hamburger Privatbank. Hintergrund sind Treffen von Scholz mit den Warburg-Gesellschaftern 2016 und 2017. An deren Inhalte kann Scholz sich nach eigener Aussage nicht mehr erinnern, schließt jedoch eine Einflussnahme aus.
Der Ausschuss verabschiedete im Januar einen Zwischenbericht zum Warburg-Komplex. SPD und Bündnis 90/Die Grünen sehen keinen Beleg für eine politische Einflussnahme, während CDU, Linke und AfD Indizien dafür erkennen. Ob der Ausschuss seine Arbeit vor den Bürgerschaftswahlen im März nächsten Jahres abschließen kann, bleibt ungewiss. (mit Material von dpa)