Kommentar

‚Zoll 2030‘: Ehrgeizige Digitalpläne mit Fragezeichen

Das Projekt ,Zoll 2030‘ bringt Bewegung in die deutsche Zollverwaltung. Im Fokus der Strategie stehen die Themen Digitalisierung, Strukturreform und EU-Zusammenarbeit. Die eigentliche Bewährungsprobe für die ambitionierten Pläne steht jedoch noch aus.

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Die Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ spricht von einer historischen Weichenstellung: Nach Informationen der Gewerkschaft hat der Lenkungsausschuss des Projekts ,Zoll 2030′ im Bundesministerium der Finanzen (BMF) die künftige Struktur der Zollverwaltung festgelegt.

Mit ,Zoll 2030‘ soll die Zollverwaltung grundlegend reformiert werden – und digital durchstarten. Prozesse sollen effizienter, Strukturen schlanker werden. Digitalisierung erhält einen eigenen Vizepräsidenten auf höchster Führungsebene. Die Entscheidung ist mehr als ein organisatorischer Akt. Sie zeigt: Die digitale Transformation der Zollverwaltung ist nun Chefsache.

Der Zeitpunkt ist gut gewählt. Denn auch auf EU-Ebene weht ein frischer digitaler Wind. Gerade haben sich die Mitgliedstaaten im Grundsatz auf eine EU-Zollreform geeinigt – unter anderem mit einer zentralen Zolldatenplattform, die den Flickenteppich nationaler Systeme ablösen und Kosten in Milliardenhöhe einsparen soll. Weniger Papier, mehr Effizienz, so lautet das Versprechen. Die deutsche Zollverwaltung muss hier Schritt halten, will sie nicht abgehängt werden.

Kein KI-Zöllner bis 2030

Digitale Zollprozesse und neue Datenplattformen eröffnen auch neue Beratungsfelder – von Compliance bis Prozessoptimierung. Doch dafür braucht es eine Zollverwaltung, die digital mitzieht. Fragt man Unternehmen und Beratungsgesellschaften, dann gilt der deutsche Zoll im Behördenvergleich zwar als digital solide aufgestellt. Luft nach oben gibt es dennoch, etwa bei der geplanten Fusion von Hauptzoll- und Zollfahndungsämtern – wenn sie konsequent digital gedacht wird. Auch beim Einsatz künstlicher Intelligenz steckt noch viel Potenzial, zum Beispiel bei der Mustererkennung großer Datenmengen im internationalen Pakethandel. Angesichts der Paketflut an Flug- und Seehäfen oder Logistikzentren ist eine manuelle Zollprüfung hier längst nicht mehr möglich.

Trotzdem: Einen KI-Zöllner wird es bis 2030 nicht geben, wie der BDZ in einem Social-Media-Post etwas bissig anmerkt. Heißt auch: Technik allein reicht nicht. Für eine durchgreifende Digitalisierung braucht es Schulungen und die Akzeptanz der Beschäftigten. Und wahrscheinlich auch eine Kultur des Wandels in der Zollverwaltung.

Der Start eines eigenen Digitalministeriums zeigt, dass die Bundesregierung dem Thema künftig mehr Priorität einräumt. Allerdings weist der BDZ zurecht darauf hin, dass die eigentliche Bewährungsprobe für ,Zoll 2030‘ noch bevorsteht: das Gesetzgebungsverfahren und die konkrete Umsetzung. Dann wird sich zeigen, ob die (digitalen) Ambitionen und Investitionen des Projekts zu den finanziellen Prioritäten der Regierung passen – oder am Ende auch das Etikett Finanzierungsvorbehalt verpasst bekommen.

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