Mehrere Bundesländer haben reagiert, um die Vorgaben des BMF-Schreibens vom 19. März umzusetzen und die Unternehmen nicht nur bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer, sondern auch bei der Umsatzsteuer zu entlasten. So können in Nordrhein-Westfalen Unternehmen die Sondervorauszahlung auf die Umsatzsteuer für 2020 auf Antrag bis auf Null herabsetzen und bereits geleistete Vorauszahlungen zurückerhalten. Auf diese Weise fließen den Unternehmen nach Angaben der Finanzverwaltung NRW mehr als vier Milliarden Euro zu.
Neben dem korrekten Umgang mit Stundungs- und Erstattungsanträgen gibt es weiteren Beratungsbedarf: „Aktuell unterstützen wir vor allem bei der notwendigen Umstellung von Lieferketten sowie den umsatzsteuerlichen Möglichkeiten der Liquiditätssteuerung“, betont Jürgen Scholz, Global Head of Indirect Tax bei WTS. Das Beratungsspektrum sei breit gefächert: „Neben den weltweiten Regelungen für Stundungen und Zahlungsfristen beraten wir derzeit intensiv zur temporären Auflösung von Organschaften oder zu den Themen Factoring und internationale Sicherheitenverwertung“, so Scholz.
Die Umsatzsorgen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Beratung: „Wir erhalten aktuell viele Anfragen im Zusammenhang mit der Stornierung von Aufträgen oder Schadensersatzleistungen. Vermutlich kommen bald auch verstärkt Fragen mit Insolvenzbezug dazu. Das ist auch umsatzsteuerrechtlich ein schwieriges Feld“, so Dr. Hans-Martin Grambeck von der auf Umsatzsteuern spezialisierten Kanzlei Nesemann & Grambeck.
80 Prozent Homeoffice-Quote
Allerdings fällt der Beratungsbedarf der Unternehmen in den einzelnen Branchen unterschiedlich aus – je nachdem, in welchem Ausmaß diese von der Corona-Krise betroffen ist. „Während sich in der Reisebranche die Beratungsnachfrage von heute auf morgen schlagartig geändert hat, betreiben zum Beispiel Online-Game-Anbieter ihr Geschäft unverändert weiter. Hier läuft die Beratung wie gehabt – mit dem Unterschied, dass uns die Mitarbeiter aus dem Homeoffice kontaktieren“, so Grambeck.
Auch die Beratungshäuser haben ihre Arbeitsweise längst an die Ausnahmesituation angepasst. „Unsere Homeofficequote liegt bei 80 Prozent. Trotzdem sind unsere Büros geöffnet. Einige Kollegen schätzen die Möglichkeit der persönlichen Kommunikation – selbstverständlich alles im Rahmen des ,Social Distancing‘“, betont Scholz.
Und auch die Finanzverwaltung ist weiter arbeitsfähig. „Die Finanzbehörden und -gerichte funktionieren, auch wenn einzelne Anfragen länger dauern. Das ist aber kein Problem, da entsprechende Fristen eingeräumt werden“, berichtet Grambeck. Eine Umfrage von JUVE Steuermarkt unter den Finanzgerichten bestätigt diese Einschätzung. Scholz ergänzt: „Vom lokalen Finanzamt bis hin zu den Ministerien erleben wir einen hohen Einsatz der Angestellten und Beamten.“
Trotz des Shutdown geht den Umsatzsteuerberatern die Arbeit also nicht aus. Grambeck zeigt sich derzeit noch gelassen: „Ein guter Branchenmix in der Mandantschaft zahlt sich aktuell besonders aus. Wir sind weiter gut ausgelastet. Vor der Sommerpause hatten wir ohnehin keine neuen Einstellungen geplant.“ Bis dahin soll der Shutdown längst aufgehoben und die Wirtschaft wieder angelaufen sein. (Stephan Mittelhäuser)
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