KOMMENTAR

ViDA: Die Hängepartie geht weiter

Die EU-Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN-Rat) konnten sich auf ihrer Juni-Sitzung erneut nicht auf einen Kompromiss zur Reform der Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter (VAT in the Digital Age, ViDA) einigen. Und die eigentliche Bewährungsprobe für ViDA steht bei der Umsetzung erst noch bevor.

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Kurz vor Ende der belgischen EU-Ratspräsidentschaft hatte sich Brüssel nochmal mächtig ins Zeug gelegt. Aber am Ende nützten alle Kompromisspapiere nichts: Estland, das bereits auf der ECOFIN-Sitzung im Mai sein Veto gegen die ViDA-Reformvorschläge eingelegt hatte, blieb beim Nein. Knackpunkt waren die Vorschläge zur Besteuerung der Plattformwirtschaft bei Beherbergungsleistungen und Personenbeförderungen. Tallinn setzte sich in den Verhandlungen für eine optionale Regelung ein, die jedoch keine Mehrheit fand.

Das Scheitern ist auch deshalb bedauerlich, weil sich die Minister bei den anderen ViDA-Punkten – digitale Meldepflichten und einheitliche Umsatzsteuerregistrierung – offenbar einig waren. Unklar ist nun, ob der bereits verschobene Zeitplan zu halten ist: Die Maßnahmen für die Plattformwirtschaft und die einheitliche Umsatzsteuerregistrierung sollen im Juli 2027 starten, die digitalen Meldepflichten samt E-Rechnung im Juli 2030 verpflichtend eingeführt werden. Viel wird davon abhängen, ob die ungarische Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2024 einen tragfähigen Kompromiss findet.

Die Hängepartie im Ministerrat bringt nicht nur Unsicherheit für die Unternehmen, sondern auch für die Finanzbehörden. Sie müssen die neue Regulierung technisch so umsetzen, dass sie den Erfordernissen digitaler Prozesse entspricht. Nur: Ohne gesetzliche Basis können sie sich nicht an die Arbeit machen. Um etwa steuerliche Registrierungen im EU-Ausland weitgehend überflüssig zu machen, muss das digitale Umsatzsteuer-Meldeportal One-Stop-Shop (OSS) erweitert werden.

Neue Aufgaben, neue Probleme?

In Deutschland zuständig für den OSS ist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Gedanklich hat sich BZSt-Präsidentin Brigitte Vossebürger bereits mit ViDA beschäftigt. Im Februar betonte sie im Interview mit JUVE Steuermarkt, dass mit der Reform auch neue Aufgaben und IT-Entwicklungen auf ihre Behörde zukommen.

Allerdings schrillen beim Thema IT-Entwicklungen aus dem Hause BZSt bei so manchen die Alarmglocken. So gab es seit Einführung des OSS im Jahr 2021 immer wieder Klagen über technische Probleme. In anderen EU-Ländern verlief die Einführung des Systems ebenfalls alles andere als reibungslos.

Auch der automatische Austausch der EU-Steuerbehörden zu den Einkünften von Online-Plattformen im Rahmen der DAC7-Richtlinie funktionierte offenbar zunächst nicht. Im Mai leitete die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und drei weitere Mitgliedstaaten ein. Es scheint, dass einige Finanzverwaltungen erst noch den Beweis antreten müssen, dass sie die inzwischen massenhaft erhobenen Datenmengen der Unternehmen auch verarbeiten können.

Unternehmen haben keine Wahl

Man darf daher gespannt sein, wie sich das BZSt und die Pendants in den EU-Ländern bei der Bewährungsprobe ViDA-Umsetzung schlagen. Die Unternehmen haben ohnehin keine Wahl: In Deutschland wird die E-Rechnung auf nationaler Ebene ab dem 1. Januar 2025 schrittweise umgesetzt. Der Entwurf eines entsprechenden BMF-Schreibens liegt seit Kurzem vor. Länder wie Italien oder Frankreich haben sich hier längst auf den Weg gemacht und nationale E-Invoicing-Systeme an den Start gebracht.

Die Erwartungen in Deutschland sind hoch: Die E-Rechnung, so die Datev, könnte sich auf nationaler Ebene zu einem Digital- und Effizienzbooster für sämtliche Prozesse im Rechnungswesen entwickeln. ViDA könnte sich auf EU-Ebene zu einem Mega-Booster entwickeln – wenn bei der Einigung und anschließenden Umsetzung auch alle Akteure mitspielen.

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