„BDO holt Tax-Technology-Leiter von Dornbach!“; „Tax Technology: Mazars macht KPMG-Berater zum Partner!“ – nur zwei von vielen Schlagzeilen, die den Steuermarkt im vergangenen Jahr beschäftigt haben. Aber zwei, die exemplarisch für die Entwicklung bei den Next-Ten-Gesellschaften stehen: Die Themen Digitalisierung und Prozessberatung haben spätestens im vergangenen Jahr auch die Verfolger der Big Four mit voller Wucht erfasst.
Die Transformation des Steuerberatungsmarktes erfasst nahezu alle Steuerdisziplinen und Regionen. Das hat zur Folge, dass sich das Personalkarussell bei den Beratungsgesellschaften zuletzt drehte. Begehrt waren vor allem Berater mit einer Spezialisierung in gefragten Beratungssegmenten wie Verrechnungspreisen oder Finanzsteuern – und natürlich Digitalexperten.
Auch die Unternehmen – zumindest die großen – haben das Thema längst selbst in ihren Strukturen hoch aufgehangen. Continental, um nur eines zu nennen, nennt mittlerweile ein ganzes Team ihr Eigen, das sich mit der digitalen Transformation der Steuerfunktion beschäftigt.
Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand
Brexit, Handelskrieg, Corona-Pandemie und digitaler Wandel stellen derzeit jedoch ganze Geschäftsmodelle auf den Prüfstand. Klar scheint schon jetzt zu sein: Es sind gute Zeiten für Zoll- und Sanktionsexperten. Bei Umsatzsteuern haben neben den bekannten digitalen Schwergewichten Big Four und WTS zuletzt vor allem Next-Ten-Gesellschaften ihre Anstrengungen deutlich intensiviert, um den Mandanten eine bessere Prozess- und IT-Beratung anbieten zu können.
Auf M&A-Berater kommen dagegen schwierige Zeiten zu. Schon in den vergangenen Monaten deutete sich eine Flaute an. Die klassische Konzernsteuerberatung steht hingegen weiter hoch im Kurs. Neben Umstrukturierungen – teilweise bereits konjunkturell bedingt – waren es erneut Themen wie die Implementierung von Tax-CMS und internen Prozessen, die die Berater in Atem hielten.
Kleinere und mittelständische Beratungshäuser in den Regionen stehen hier jedoch vor Herausforderungen. Viele sind in Sachen Digitalisierung zurückhaltend und konzentrieren sich auf das, was ihre Mandanten teils seit Jahrzehnten schätzen: Die umfassende Beratung inhabergeführter Unternehmen. Hierzu gehört auch die Beratung Vermögender Privatkunden – ein Beratungssegment, das zuletzt deutlich an Schwung gewonnen hat
Schlagwort der Stunde: Prozessberatung
Bei Verrechnungspreisen hat sich ‚Operational TP‘, also die Prozessberatung, zum Schlagwort der Stunde entwickelt – zumindest bis zum Ausbruch der Corona-Krise. In kaum einem Beratungssegment gab es zuletzt so viele prominente Wechsel zu verzeichnen. Dies zeigt, wie viel Potenzial viele in dem Segment sehen. Das gilt auch für die personenbezogenen Unternehmenssteuern. Lange ungeliebtes Kind bei vielen Beratungsgesellschaften ist mittlerweile klar: In einer globalisierten Welt mit immer individualisierteren Arbeitsverhältnissen und komplexeren globalen (Matrix-)Strukturen geht ohne die Experten in Sachen Lohn und Mitarbeitermobilität fast nichts mehr.
Die Beratung zu Finanzsteuern wird derweil von zwei Themen dominiert: DAC 6 und Cum-Ex. Der „größte Steuerraub aller Zeiten“, wie die Cum-Ex-Affäre von einigen Journalisten genannt wurde, beschäftigt derzeit vor allem die rechtsanwaltlich geprägten Einheiten. Kaum verwunderlich, dass dies auch die Experten im Steuerstrafrecht und Steuerstreit auf den Plan ruft, die zuletzt mit den Themen rund um Cum-Ex, aber auch Konflikten aus den weiteren Steuerdisziplinen, bestens ausgelastet waren.
Doch allen strategischen Schritten der letzten Monate zum Trotz – auf ein Thema waren die meisten Steuerberater vermutlich nicht eingestellt: Corona.
Eine ausführliche Analyse zu den Entwicklungen und Trends in der Steuerberaterbranche insgesamt sowie in den einzelnen Fachgebieten und Regionen lesen Sie im JUVE Handbuch Steuern 2020.