Aus sechs wird sieben: Die Düsseldorfer MDP-Kanzlei RSM ergänzt laut Lünendonk & Hossenfelder den Kreis der Big-Four-Verfolger. Wie das Marktforschungsinstitut auf der Pressekonferenz bekannt gab, gelang es den Mittelstandsberatern im Geschäftsjahr 2021 die 100 Millionen Euro Umsatzmarke zu knacken. Die Marktforscher erweitern daher ihre Einteilung von Next Six zu Next Seven. Elf statt zehn Beratungsgesellschaften fallen damit nun unter die beiden Spitzengruppen der Statistik, welche Lünendonk & Hossenfelder jährlich ausweist – die Big Four und nun die Next Seven. Entsprechend erfreut zeigte sich auf der Pressekonferenz zur Präsentation der Lünendonk-Statistik am Frankfurter Flughafen RSM-Audit-Chef und Managing-Partner Rainer Grote. „Wir haben unsere Ziele früher erreicht als erwartet“, sagte Grote. Zusammen mit Grote stellten sich im Airport Club auch Managing-Partner bzw. Vorstandsmitglieder von BDO, Mazars, Grant Thorton und Deloitte den kritischen Fragen von Journalisten.
Insgesamt sind die 25 größten Gesellschaften der Lünendonk-Liste im Mittel um 4,8 Prozent gewachsen. Dennoch sei der kumulierte Umsatz von 10,2 auf 10,1 Milliarden Euro gesunken. „Damit stellen wir zum ersten Mal seit der Erstauflage der Studie 2006 einen Rückgang beim Top-25-Volumen fest“, sagte Hossenfelder. Zum Vergleich: Die von JUVE Steuermarkt recherchierten 30 größten Steuerberatungseinheiten, die sich zu einem großen Teil mit den von Lünendonk untersuchten Gesellschaften decken, kamen im vergangenen Geschäftsjahr auf ein Umsatzplus von 6,1 Prozent.
Im Vergleich zu den Vorjahren stellte das Marktforschungsinstitut einen Umsatzrückgang besonders bei den Big Four fest: Deloitte verlor um 8 Prozent, PricewaterhouseCoopers (PwC) um 5,1 Prozent und Ernst & Young (EY) noch um 1,5 Prozent. Lediglich KPMG konnte um 3,1 Prozent zulegen. Die starken Rückgänge im Corona geplagten Geschäftsjahr 2021 führen die Marktforscher auf den Einbruch im Advisory-Geschäft zurück. Für das Geschäftsjahr 2022 erwartet Lünendonk & Hossenfelder bei den Big Four jedoch bereits wieder einen satten Zuwachs von 10 Prozent. Im Steuerbereich sind zumindest PwC (+5,3 Prozent) und KMPG (+4,8 Prozent) zuletzt gewachsen.
Die Marktforscher von Lünendonk & Hossenfelder stellten bei der Pressekonferenz allerdings ein Ranking vor, bei dem aus steuerlicher Perspektive zwei entscheidende Schwergewichte fehlen: die Bonner Kanzlei Flick Gocke Schaumburg (FGS) und die Münchner Beratungsgesellschaft WTS sind in steuerlicher Hinsicht die Verfolger der Big-Four-Gesellschaften mit Steuerumsätzen von 171 Millionen Euro (FGS) beziehungsweise 149 Millionen Euro (WTS). Beide bleiben in der Betrachtung der Marktforscher deshalb außen vor, weil sie weniger als 15 Prozent ihres Umsatzes in der Wirtschaftsprüfung erzielen. Nach Recherchen von JUVE Steuermarkt belegen FGS und WTS in den Steuerumsätzen die Plätze fünf und sechs im direkten Vergleich. RSM zum Beispiel kommt im JUVE Steuerumsatzranking demnach erst auf Platz 13. Mit einem Umsatz von 49 Millionen Euro liegt sie dabei noch knappe 30 Millionen Euro hinter der Nummer 12, Grant Thornton.
Insgesamt haben die Next Seven sowohl in Bezug auf den Gesamt- als auch den Steuerumsatz stark performt und konnten Zuwachsraten im hohen einstelligen oder gar zweistelligen Bereich erzielen.
Neben den Kennzahlen war das Hauptthema auf der Pressekonferenz – natürlich – Ernst & Young und der Wirecard-Skandal sowie die mögliche Aufspaltung von Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung. Ein Szenario, dem alle Anwesenden für ihre Gesellschaften eine klare Absage erteilten: „Wir sind mit dem multidisziplinären Ansatz bisher sehr erfolgreich gewesen“, sagte etwa Christoph Schenk, Managing-Partner Audit & Assurance von Deloitte. „Für uns ist eine Aufspaltung kein Thema“, bekräftigte der Big-Four-Partner. Das BDO-Vorstandsmitglied Andrea Bruckner sieht eine mögliche Aufspaltung auch aus Gesichtspunkten des Recruitings sehr kritisch: „Dann können wir junge Menschen gar nicht mehr für unseren Beruf begeistern“, sagte Bruckner. Nämlich dann, wenn die Vielfalt der Aufgaben, die Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung gerade in der Zusammenschau böten, verengt würde. Auch die Berufsausbildung von Wirtschaftsprüfern selbst würde durch eine Trennung von der Steuerberatung leiden, so Bruckner.
Der Managing-Partner der Next-Seven-Gesellschaft Mazars, Dr. Christoph Regierer, erklärte: „Wir stehen für eine multidisziplinäre Ausrichtung.“ Eine Einschätzung, welcher der Vorstandsvorsitzende von Grant Thornton, Michael Häger, beipflichtete. Auch wenn die Steuerberatung für Grant Thornton ein Geschäftsbereich mit hohen Wachstumsraten sei, stelle dies keinen Grund dar, über eine Abspaltung nachzudenken. Als aktuell besonders wichtige Baustellen in der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche nannte die Runde hingegen vor allem den Personal- und Fachkräftemangel, die Digitalisierung und auch ESG- und Nachhaltigkeitsthemen.