Finanzausschuss-Anhörung

Wachstumschancengesetz spaltet die Gemüter

Die von der Bundesregierung im Entwurf des Wachstumschancengesetzes vorgeschlagenen Maßnahmen stoßen auf ein geteiltes Echo. Während führende Wirtschaftsverbände die meisten Vorschläge begrüßen, warnen Vertreter von Städten und Gemeinden vor möglichen massiven Steuerausfällen. 

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Bei der öffentlichen Anhörung des Finanzauschusses am Montag standen vor allem die unternehmensteuerlichen Aspekte des Gesetzes im Mittelpunkt. Geleitet wurde die Anhörung vom Vorsitzenden des Finanzausschusses, Alois Rainer (CSU).

Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Förderung von Investitionen

Ziel des Wachstumschancengesetzes ist es, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken. Dazu soll eine Investitionszulage zur Förderung des wirtschaftlichen Umbaus eingeführt werden. Unternehmen sollen Zuschüsse in Höhe von 15 Prozent der Kosten für Energieeffizienzmaßnahmen erhalten. Außerdem soll die steuerliche Forschungsförderung verbessert werden.

Eine weitere Maßnahme des Gesetzes ist die Vereinfachung und Modernisierung des Steuersystems. Dazu gehört die befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter und Wohngebäude. Außerdem soll die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro angehoben werden.

Kommunen warnen vor massiven Steuerausfällen

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände äußerte sich in der Anhörung sehr besorgt über mögliche Steuerausfälle für die Kommunen. Sie warnten davor, dass den Kommunen Steuerausfälle in Höhe von 3,3 Milliarden Euro pro Jahr drohten, was die kommunale Investitionstätigkeit erheblich beeinträchtigen würde. Diese Einnahmeausfälle könnten sich im nächsten Jahr sogar auf 5,85 Milliarden Euro summieren, was die Umsetzung von Projekten in den Bereichen Klimaschutz, Wärmewende, Wohnungsbau und Bildung deutlich verlangsamen würde. Die Kölner Stadtkämmerin, Prof. Dörte Diemert, forderte eine Kompensation dieser Steuerausfälle durch den Bund.

Wirtschaftsverbände begrüßen Gesetz

Die Spitzenverbände der Wirtschaft begrüßten das Wachstumschancengesetz hingegen. Sie betonten die Bedeutung der darin enthaltenen Maßnahmen zur Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland. Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund der sich verschlechternden gesamtwirtschaftlichen Daten für das Jahr 2023 von großer Bedeutung.

Als positiv bezeichnen die Verbände unter anderem die Verbesserungen bei der Verlustverrechnung, die stärkere Förderung von Forschung und Entwicklung, die Anhebung der Grenzen für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter sowie die verbesserten Sonderabschreibungen. Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (VFA) bezeichnete die Maßnahmen zur Stärkung der Investitionstätigkeit als richtig und prognostizierte einen Anstieg der Unternehmensinvestitionen um elf Milliarden Euro. Die Forschungsförderung stärke die Innovationskraft des Landes.

Ablehnung einzelner Maßnahmen und Forderung nach Steuersenkungen

Die Wirtschaftsverbände lehnten jedoch die geplante Verschärfung der Zinsschranke und die Einführung einer Zinshöhenschranke ab. Diese Maßnahmen seien „kontraproduktiv“. Zudem forderten sie eine Senkung der Stromsteuer, um die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Energiemarkt zu erhöhen. Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) betonte die Notwendigkeit einer Senkung der Stromsteuer aufgrund der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit der Strom- und Energiepreise in Deutschland.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sprach sich für eine Senkung der Unternehmensteuern aus, da das Wachstumschancengesetz nicht den Charakter einer umfassenden Steuerreform habe.

Kontroverse Meinungen zu Zinsschranke und Freigrenzen

Auch die Bundessteuerberaterkammer kritisierte die Einführung der Zinsschranke, da Unternehmen nur noch einen geringen Teil ihrer Kosten steuerlich geltend machen könnten. Sie bemängelte zudem die „Bürokratiemonster“, die mit der Einführung von Meldepflichten einhergehen würden.

Prof. Lorenz Jarass (Hochschule RheinMain) sprach sich hingegen für die Zinsschrankenregelung aus, da sie Steueroptimierung und Steuervermeidung verhindern könne. Er lehnte jedoch die geplanten Erweiterungen bei der Verlustverrechnung ab.

Kritisch äußerte sich Jarass auch zu den Anhebungen der Freigrenzen, insbesondere für Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften. Er befürchtete, dass dadurch die Steuervermeidung verstärkt werde.

Prof. Heribert Anzinger (Universität Ulm) hingegen begrüßte die Einführung von Freigrenzen, insbesondere im Hinblick auf gelegentliche Vermietungen über Internetportale. Er regte an, eine einheitliche Freigrenze für alle Einkunftsarten einzuführen, um die Finanzverwaltung zu entlasten.

Prof. Roland Ismer (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) bezeichnete die im Entwurf enthaltene Klimaschutz-Investitionsprämie als ein Projekt von großer Bedeutung für die anstehende wirtschaftliche Transformation. Er wies jedoch auf die rechtlichen Herausforderungen hin, die sich aus dem unionsrechtlichen Beihilfeverbot ergeben könnten, und betonte die Notwendigkeit, Vorkehrungen zu treffen, um mögliche Rückforderungen der Prämie zu vermeiden.

Forderung nach Erweiterung der Klimaschutz-Investitionsprämie auf Kommunalbetriebe

Uwe Zimmermann vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) schlug vor, die Zahlung der Klimaschutz-Investitionsprämie auch auf Eigenbetriebe der Kommunen auszudehnen, um den Klimaschutz auf kommunaler Ebene zu stärken. Das Handwerk begrüßte die Klimaschutzprämie im Grundsatz, forderte aber Anpassungen, um die Verpflichtung zur Inanspruchnahme von Energieberatern für kleine Unternehmen zu vereinfachen.

Insgesamt zeigte die öffentliche Anhörung zum Wachstumschancengesetz eine Vielzahl von Meinungen und Positionen, die in den weiteren Beratungen bis zur Verabschiedung des Gesetzes berücksichtigt werden müssen. Die Frage der Kompensation möglicher Steuerausfälle für die Kommunen bleibt dabei ein zentraler Diskussionspunkt.

Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (Drucksache 20/8628 vom 02.10.2023).

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